Frage an Monika Schaal von andreas s. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Dr. Schaal,
Ende der Siebziger, Anfang der achtziger Jahre haben sich viele Gegner der Kernenergie - auch und gerade in der SPD - in z. T. sehr erbitterten Diskussionen für einen Atomausstieg eingesetzt.
Damals wurde uns gesagt:
"Wenn Ihr das macht (den Ausstieg), gehen bei uns die Lichter aus! Wollt Ihr das?
Heute, wo viele von uns sich auch gegen den Bau der "Dreckschleuder" Moorburg wenden, hören wir wieder diesen Vorwurf, allerdings nicht (mehr) aus der SPD, sondern vorwiegend aus den Reihen der CDU und der FDP.
Hier nun meine Frage: Verfügt die SPD über ein schlüssiges - und auch wirklich durchgerechnetes und darstellbares - Konzept zur Sicherung der Energieversorgung der Bundesrepublik? Oder müssen wir uns (wieder) Blauäugigkeit vorwerfen lassen, während sich die CDU - mit Moorburg als "Partei der Vernunft" präsentieren kann und dies auch gern tut?
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
Sozialdemokraten haben in Berlin mit dem Atomausstiegsgesetz, dem Erneuerbare Energie-Gesetz, dem Kraftwärme-Koppelungs-Gesetz (das zur Zeit novelliert wird), dem Emissionshandel sowie der Forschungsförderung im Bereich CO2-Abscheidung, dem zukünftigen erneuerbaren Wärme-Gesetz und einer Reihe von Förderprogramm zur energetischen Gebäudesanierung und zum Einbau effizienter Energietechnik den gesetzlichen Rahmen für die Energiewende geschaffen.
Darüber hinaus ermöglicht das Energiewirtschaftsgesetz Stromkunden und in begrenztem Maß auch Gaskunden ihren Anbieter zu wechseln und damit die Machtverhältnisse auf den Energiemärkten zu beeinflussen, indem sie z.B. preiswerte und/oder ökologische Energieangebote wählen.
Vor diesem Hintergrund zeichnet sich folgende Entwicklung ab:
2006 hat es in Deutschland einen nie da gewesenen Stromüberschuss gegeben. Es wurden 20 Mrd. KWh – das sind 20 TWh – ins europäische Ausland exportiert. Der Exportüberschuss entspricht der Leistung von vier bis fünf Großkraftwerken. 2007 wurden immer noch 14 TWh Strom exportiert, obwohl die AKW Biblis A und B ganzjährig sowie die AKW Brunsbüttel und Krümmel seit dem Sommer nicht am Netz waren. Zusätzlich waren einige Meiler zwischenzeitlich für einige Zeit aus Wartungsgründen abgeschaltet. Das Atomkraftwerk Stade ist bereits seit 2004 vom Netz und wird abgebaut. Möglich wurde der Überschuss auch durch den rasanten Ausbau der Erzeugungskapazitäten für erneuerbaren Energien.
Im letzten Jahr wurden bereits 14% des Stromangebots aus erneuerbaren Energiequellen bereit gestellt. Das Bundesumweltministerium geht wegen der rasanten Wachstumsraten bei den Erneuerbaren davon aus, dass es 2020 bereits 25 bis 30 % sein werden. Atomkraftwerke decken regulär 27% des Stromangebots. Brunsbüttel soll 2009 und Krümmel 2016 endgültig nach dem mit den Energiekonzernen ausgehandelten Vertrag vom Netz gehen.
Die Hamburger SPD spricht sich dafür aus, das abgängige Heizkraftwerk Wedel durch ein Gaskraftwerk zu ersetzen, weil es effizienter, sauberer und klimafreundlicher ist als ein Kohlekraftwerk. Auch wenn der Brennstoff Gas heute vielleicht noch teurer ist als Kohle, wird sich das nach 2012 wegen des Zukaufs von Verschmutzungsrechten schlagartig ändern. Die Verbraucherpreise richten sich heute eher nach Marktmacht als nach Gestehungskosten.
Ferner will die Hamburger SPD die Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein in Sachen Energiepolitik ausgebauten, um Windstrom von der Küste besser in die Netze zu integrieren.
Es ist Konsens, dass durch Energiesparen und Steigerung der Energieeffizienz Kraftwerkskapazitäten eingespart werden können. Allein die Strom fressenden Stand-by-Schaltungen und Nachtspeicherheizungen verbrauchen so viel Strom wie fünf Großkraftwerke produzieren. Das wird in Berlin geändert.
Sozialdemokraten in Hamburg werden die Energieversorgung durch Förderung von Energiesparen, Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien schrittweise auf eine moderne klimafreundliche Basis stellen. Eine dezentrale Energieversorgung durch hocheffiziente Blockheizkraftwerke - wie sie bereits in einigen Stadtteilen und Wohnquartieren vorhanden ist - hat Vorrang.
Wir werden Stadtwerke aufbauen, um eine preiswürdige, umweltverträgliche und sichere Energieversorgung zu gewährleisten, sowie die Wind- und Solarbrache zu einer Leitindustrie für Hamburg ausbauen.
Wir werden die Standards für den energetischen Verbrauch von Neubauten verbindlich festlegen und durchsetzen sowie die Wärmedämmung bei Altbauten in öffentlichen Gebäuden voran bringen, eine Einspar- und Effizienzkampagne für Verbraucher auflegen, eine Energieagentur mit dezentralen Beratungsstellen in den Kundenzentren der Bezirke einrichten, Bau-Vergaben an Effizienzkriterien koppeln und eine Klima-Allianz für Hamburg bilden.
Mit freundlichen Grüssen
Monika Schaal