Frage an Monika Grütters von Dirk G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Grütters!
In der Presse des RND war von ihren geheimen Treffen mit Vertretern der Hohenzollern hinsichtlich deren geforderter Entschädigungen zu lesen.
Jan Böhmermann hat nun mit dem Aktivisten Israel Kaunatjike angeregt, diese Gespräche zeitgleich für Entschädigungzahlungen aufgrund der deutschen Verbrechen an den Herero und Nama zu nutzen, die eng mit dem Haus Hohenzollern zusammenhängen.
Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, fiktiven Forderungen so tatsächlichen Entschädigungsansprüchen gegenüberzustellen und was können Sie, was kann Politik konkret zur Klärung dieser höchst unbefriedigenden Situation beitragen?
Beste Grüße
Dirk Grübel
Sehr geehrte Herr Grübel,
vielen Dank für Ihre Frage. Die bisherigen Gespräche der öffentlichen Hand mit dem Haus Hohenzollern haben das Ziel verfolgt, eine dauerhafte Gesamtlösung für Kunst- und Sammlungsgegenstände herbeizuführen, deren Eigentumsverhältnisse von beiden Gesprächspartnern unterschiedlich bewertet werden. Die Verhandlungen wurden seit 2014 durch den Bund und die Länder Berlin und Brandenburg als Träger der drei betroffenen Kultureinrichtungen (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Deutsches Historisches Museum) in Abstimmung mit deren Leitungen geführt. Die Beteiligten der öffentlichen Hand haben sich bei den Verhandlungen davon leiten lassen, Schäden und Verluste für die Sammlungen der Kultureinrichtungen abzuwenden.
Hintergrund ist ein Gesetz über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Staat Preußen und dem Haus Hohenzollern aus dem Jahr 1926. In den bisher geführten Gesprächen ging es um rechtliche Unklarheiten in den damaligen Regelungen, aber auch um Rechtspositionen, die sich durch die nachfolgenden historischen Ereignisse, insbesondere durch Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht und der Regierung der DDR, verändert haben.
Das Haus Hohenzollern hat nach der deutschen Wiedervereinigung Rückgabeansprüche nach dem sog. Ausgleichsleistungsgesetz geltend gemacht. Das Gesetz von 1994 sieht staatliche Ausgleichsleistungen vor "für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage".
Wie jeder andere deutsche Staatbürger, sind damit auch die Vertreter des Hauses Hohenzollern berechtigt, behauptete Ansprüche geltend zu machen. Hierin liegt bereits in rechtlicher bzw. gesetzlicher Hinsicht ein wesentlicher Unterschied zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten und der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit. Daher sind die beiden kulturpolitischen Handlungsfelder getrennt voneinander zu behandeln.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters