Frage an Monika Grütters von Katja R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Grütters,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort, allerdings haben Sie es nicht geschafft, meine grundsätzlichen Zweifel an den Abkommen auszuräumen.
Sie erwähnen das Gutachten zu dem Investorschutz, ist Ihnen bekannt, wer es verfasst hat?
Der Haken bei der Sache: die Person des Gutachters, die das Bundeswirtschaftsministerium bestellt hat. In der Studie wird er als Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für ausländisches und öffentliches Recht in Heidelberg vorgestellt. Nicht erwähnt wird, dass der Jurist im Dezember 2013 von der Bundesrepublik Deutschland auf die Schlichterliste der Internationalen Schiedsstelle für Investitionsstreitigkeiten (ICID) bei der Weltbank gesetzt wurde. Der Bundeswirtschaftsminister sucht also einen Gutachter aus, der vor allem gut davon lebt, dass er Investitionsschutzklauseln interpretiert. Quelle : http://isw-muenchen.de/2015/05/warum-wir-ttip-stoppen-muessen-und-auch-koennen/
Ein anderes Gutachten kommt zu der Auffassung, das Schiedsgerichte gegen das Grundgesetz verstossen. Quelle : http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ttip-schiedsgerichte-laut-bund-gutachten-verfassungswidrig-a-1032467.html
Ich weiss nicht, was die Kommisare reitet, jetzt so unbedingt auf einen Abschluss zu drängen, aber das die Standard zur Disposition stehen, ist wohl eindeutig, worüber sollte denn sonst verhandelt werden? Wenn alles bleibt, wie es ist, wäre der Vertrag wohl sinnlos.
Ich habe auch noch nie gehört, das Standards erhöht werden, das sollte aber doch der Fall sein, wenn das höchste Niveau verankert werden soll?
Und nochmals die Frage:
Sind Sie sich eingentlich der Wirkung dieser Gerichte bewusst? Das Gut, für das ein extra Gericht mit einseitigem Klagerecht vorgesehen werden soll, sind nicht etwa die Menschenrechte oder der Umweltschutz oder die Nachhaltigkeit, nein, es sind die Profite der Konzerne! Ist das die Politik, für die die CDU stehen will? Dieses Zeichen kommt jedenfalls bei mir an.
MfG
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
vielen Dank für Ihre erneute Frage vom 08. Mai 2015. Ich darf zunächst darauf hinweisen, dass die Tätigkeit des Gutachters keineswegs verschwiegen wurde, sondern explizit im Gutachten aufgeführt wird. Des Weiteren ist es doch unabdingbar, dass derartige Gutachten von Fachleuten erstellt werden, die sich mit der Materie auskennen. Gerade was das Investitionsschutzrecht angeht, ist die Zahl der Fachleute jedoch begrenzt. Wäre etwa ein Strafrechtler mit einer Einschätzung des geplanten Abkommens betraut worden, hätte die Kritik zurecht gelautet, dass hier ein fachfremder Jurist eine Analyse erstellt ohne fachlich kompetent zu sein. Wenn Sie sich den Werdegang des Gutachters ansehen (der im Gutachten sogar verlinkt ist), dann wird gut deutlich, dass er seinen Lebensunterhalt nicht primär aus seiner Tätigkeit als Schlichter bestreitet.
Sie fragen außerdem, worin die verbesserten Standards bestehen sollen. Bereits in meiner ersten Antwort auf Herrn Klemm habe ich die Position der EU-Kommission skizziert, die seinerzeit vom zuständigen Kommissar Karel De Gucht formuliert wurde. Es geht um eine verbesserte Transparenz der Verfahren und um Klarstellungen, die sicherstellen, dass demokratische und rechtsstaatlich einwandfreie Vorgänge auf nationalstaatlicher Ebene zukünftig nicht durch juristische Schlupflöcher international erneut zur Disposition gestellt werden können. Auch hat die EU-Kommission deutlich gemacht, dass für sie eine Berufungsfunktion in Zukunft wünschenswert ist, damit Schiedsentscheidungen gegebenenfalls noch einmal überprüft werden können. Das alles würde gegenüber den derzeit bestehenden Regelungen einen Fortschritt bedeuten. Die Frage, wie eine solche Übereinkunft gestaltet sein muss, um die oben skizzierten positiven Wirkungen auch tatsächlich zu entfalten, wird derzeit innerhalb der Europäischen Union von den europäischen Partnern und auch gemeinsam mit den USA debattiert. Es ist gut, dass sich hieran auch andere Akteure aktiv beteiligen, das habe ich ja auch bereits in meiner letzten Antwort deutlich gemacht. Hierbei sollten immer die Sachebene und entsprechende Argumente im Zentrum stehen.
Deutsche Unternehmen und Investoren haben in bisher 30 Fällen vor dem ICSID geklagt. Darunter sind zum Beispiel auch Unternehmen, an denen öffentliche oder genossenschaftliche Anteilseigner allein, im überwiegenden Maße oder in der Minderheit beteiligt sind (Fraport AG, Stadtwerke München, STEAG, RWE Innogy, BayWa re). Deutschland selbst ist bisher zweimal vor dem ICSID verklagt worden. Kläger war in beiden Fällen mit Vattenfall ein Unternehmen, das sich im Besitz des schwedischen Staates – und damit auch der Bürgerinnen und Bürger Schwedens befindet. Ich denke, diese Fakten unterstreichen gut, dass auch im Bereich des Investorenschutzes nicht alles immer so einfach ist, wie es auf den ersten Blick manchmal zu sein scheint. Deshalb begrüße ich die aktuelle Debatte und hoffe auf eine engagierte, aber sachliche Diskussion um die beste Lösung.
Mit freundlichen Grüßen,
Monika Grütters