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Frage von Rene L. •

Frage an Monika Griefahn von Rene L. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Griefahn,

auf der Bundestagshomepage habe ich den Hinweis auf Ihre diesjährige Sommerreise nach Kolumbien gelesen. Natürlich gilt auch für Abgeordnete die alte Weisheit: Reisen bildet. Insbesondere fremde Kulturen und Lebensweisen, wie sie ohne Zweifel in Kolumbien anzutreffen sind, sind immer eine Reise wert.
Auf dem Programm stand vor allem der Besuch des Festivals „Internacional de Poesia“. Auf der Festival-Homepages ist kein wirklicher Bezug zur Arbeit des Bundestages und auch kein Schwerpunkt Europa oder Deutschland erkennbar. Zwar wurden auf dem Bundestagspressedienst auch einige andere Gespräche genannt, jedoch erschließt sich der Anlass des Besuches mit einer derart großen Delegation mir nicht ganz.
Mich würde daher interessieren, wie eine solche Reise mit den Ausführungen den Herrn Bundestagspräsidenten (Drs. 15/5056, S. 52) vereinbar ist, wirft sich doch die Frage auf, ob die hohen Ausgaben im Zusammenhang mit Ihrer Reise so gerechtfertigt sind.

Es wäre daher interessant zu erfahren, welchen Erkenntnisgewinn diese sommerliche Reise für die Arbeit des Bundestages gebracht hat und ob hierfür sechs Abgeordnete (wohl zzgl. Begleitung durch Mitarbeiter des Deutschen Bundestages und der deutschen Vertretungen vor Ort) notwendig waren. Auch würde mich interessieren, wie hoch hierfür die Vollkosten (also neben den reinen Reisekosten auch die Personal- und Sachkosten, Reisespesen) waren.

Mit freundlichen Grüßen
Rene Lima

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Lima,

vielen Dank für Ihre Email und Ihr Interesse an den Delegationsreisen des Deutschen Bundestages.

Im Vorfeld möchte ich Ihnen sagen, dass ich die Delegationsreisen für ein wichtiges und notwendiges Instrument halte. Gerade in Zeiten, in denen die interparlamentarische Zusammenarbeit immer wichtiger wird, sind Delegationsreisen das geeignete Mittel, um die deutsche Position im Ausland zu vertreten, aber auch die Position des Parlamentes gegenüber der Regierung zu stärken. Außerdem sind Delegationsreisen eine hervorragende Gelegenheit, um sich mit den Abgeordneten aus dem jeweiligen Land auszutauschen, zu beraten und sich über die politische Situation im jeweiligen Land zu informieren. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass das Ziel jeder Delegationsreise ausführlich begründet und vom Bundestagspräsidenten genehmigt werden muss. Die Ausschüsse im Deutschen Bundestag sind paritätisch besetzt, d.h. jede politische Partei im Deutschen Bundestag ist durch einen oder mehrere Abgeordnete die im Deutschen Bundestag vertreten. Es versteht sich von selbst, dass ein Vertreter der jeweiligen Partei an Delegationsreisen teilnimmt.

Das Programm der Delegationsreisen ist sehr umfangreich. Zeit für Touristik bleibt da nicht. Man erhält in einigen Tagen so viele Informationen über die aktuelle Situation des Landes, wie es anders gar nicht möglich ist. Davon macht die Delegationsreise nach Kolumbien keine Ausnahme.

Anlass für die Reise der Delegation des Ausschusses für Kultur und Medien nach Kolumbien war ein Besuch des Festival Internacional de Poesía de Medellín. Der Initiator und Leiter des Festivals, Fernando Rendón, hatte die Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Medien eingeladen, damit wir uns selbst von der Kraft seines Lyrikfestes überzeugen konnten.

Während der Delegationsreise konnte ich mir in politischen Gesprächen und im Rahmen von Besuchen bei den Mittlerorganisationen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ein Bild von den Bedingungen für Kunst, Kultur und Medien machen. Leider beschränkt sich die hiesige Berichterstattung häufig auf den Drogen- und Guerillakrieg in Kolumbien. Es kommt dabei häufig viel zu kurz, dass Kolumbien ein Land mit vielfältigen kulturellen Einflüssen ist, die bis heute gepflegt und gelebt werden.

Besonders beeindruckt hat mich das Festival Internacional de Poesia in Medellín. Das Festival findet seit nunmehr 17 Jahren im Sommer in Medellín statt und ist als Protest gegen Gewalt und Hass entstanden. Das Festival hat maßgeblich dazu beigetragen, das kulturelle Leben in Kolumbien wieder zu erwecken und die Menschen aus den Häusern zu locken, die sich aus Angst vor bewaffneten Banden in die Häuser zurückgezogen hatten. Die Begeisterung für Lyrik, die hohe Konzentration, mit der die Zuhörerinnen und Zuhörer den Beiträgen aus aller Welt folgten, der enge Kontakt zwischen ihnen und den Akteuren auf der Bühne haben mich sehr beeindruckt. So etwas ist – mindestens in Deutschland – ohne Beispiel und zeigt, wie ausgehungert die kolumbianische Bevölkerung nach kulturellen Angeboten ist.

Für mich als Sozialdemokratin war auch wichtig zu erfahren, welche Anstrengungen die kolumbianische Regierung in den Bereichen Bildung und Ausbildung unternimmt. So fördert die kolumbianische Regierung Angebote von Kleinkrediten und Gesundheitsprogrammen, um die soziale Situation der ländlichen Bevölkerung zu verbessern. Beispielsweise will die Regierung bis zum Jahr 2010 eine flächendeckende Grundschulausbildung durchsetzen und Millionen Lernende in die Berufsbildung integrieren. Um Kinder aus armen Familien in Ausbildung zu bringen, sollen solche Familien mit Hilfe von Kleinkrediten besonders gefördert werden.

Innerhalb von nur wenigen Tagen konnte ich mir so ein vielschichtiges Bild von den komplexen Problemen des Landes machen. Mir ist aufgefallen, dass Kolumbien sehr bemüht war, das eigene Land jenseits von Drogenkrieg und Korruption als junge, aufstrebende Kulturnation zu präsentieren, die interessiert ist am Austausch mit dem Ausland und dabei nicht zuletzt auf Deutschland setzt. Die Delegationsreise und insbesondere die Teilnahme am Festival Internacional de Poesía de Medellín haben mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass Kunst ein ideales Mittel ist, den Dialog der Kulturen zu fördern und Menschen mit ganz unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen zusammenzubringen. Dies zu stärken, dafür werde ich mich auch in Zukunft einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Monika Griefahn