Frage an Miriam Dahlke von Claudia B. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Dahlke,
ich bin entsetzt und in höchstem Maße enttäuscht, von der deutschen Politik und der Vorgehensweise aktuell insbesondere dem Ablauf des Impfverfahrens. Als Grundschullehrerin bin ich jeden Tag ganz nah dran an den aktuellen Geschehnissen und in höchstem Maße betroffen. Letzteres im doppelten Sinne - betroffen von der Notwendigkeit von Veränderungen zum Wohl der Kinder und von der täglichen persönlichen Sorge um meine Gesundheit.
Endlich sollten die Impfungen auch für meine Berufsgruppe ins Rollen kommen. Nun hatten lediglich einige wenige Glück, die schnell genug waren mit einem frühen Termin.
Wir anderen haben heute Terminabsagen erhalten und dürfen wieder abwarten.
Ich bitte Sie als Abgeordnete zu klären:
Was wird dafür getan, dass das Impfen in Praxen besser organisiert wird? Wo liegen die Problemstellen und was wird getan, um sie zu lösen? Was läuft in anderen Ländern anders (besser) und warum? Welche Möglichkeiten gibt es, den Impfprozess auch bei uns zu vereinfachen und zu beschleunigen? Warum wird Schulen nicht besser geholfen? (was soll die Idee mit der Möglichkeit mich einmal wöchentlich testen lassen zu können). Meine Grundschüler*innen brauchen kein digitales Lernen sondern ihre Freund*innen in der Klasse und auf den Spielplätzen.
Ich würde mir wünschen zu sehen, dass konstruktiv nachgedacht wird. Angesichts rasant steigender Zahlen in Frankfurt scheint das dringend angesagt. Das Kultusministerium bietet in jedem Fall keine Überlegungen, die geeignet scheinen oder pädagogisches Einfühlungsvermögen zeigen.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Berntheusel
Sehr geehrte Frau Berntheusel,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ihre Enttäuschung trifft bei mir auf volles
Verständnis. Gerade in der Grundschule ist der Präsenzunterricht von
besonderer Bedeutung, der Präsenzunterricht ist nicht gleichwertig durch
den Digitalunterricht ersetzbar. Gleichzeitig hat die Pandemie dafür
gesorgt, dass Lehrkräfte und Schüler*innen seit einem Jahr neben ihrer
eigenen Gesundheit auch um das Wohl der Kolleg*innen, Schüler*innen,
Freund*innen und Familie besorgt sind und eine Ansteckung Zuhause wie im
Schulalltag verhindern möchten.
Die Impfpriorisierung auf Empfehlung der Ständigen Impfkommission beim
Robert Koch-Institut sieht weiterhin vor, dass Personen höchster und hoher
Priorität zuerst geimpft werden müssen. Dadurch soll die Zahl von schweren
und schwersten Krankheitsverläufen reduziert und eine Überlastung des
Gesundheitswesens vermieden werden. Hessen arbeitet dabei mit Hochdruck an
der weitreichenden Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests, um mit der
umfangreichen Impfung deutlich mehr Normalität ermöglichen zu können. Hinzu
kommt das nahende Frühjahr mit steigenden Temperaturen und einer stärkeren
Verlagerung des Lebens nach draußen, sodass mehrere Bausteine in der
Bekämpfung der Pandemie schon bald ineinandergreifen und sich gegenseitig
verstärken werden.
Während wir dank hoher Standards bei den Impfstoffen auf die intensive
wissenschaftliche Prüfung der Stoffe vertrauen können, stellt der
plötzliche Stopp des AstraZeneca-Impfstoffes durch die Bundesregierung eine
große Herausforderung dar. Hier werden sich die Impfungen leider verzögern,
da wir nun auf weniger Impfstoffe zurückgreifen können. Gleichzeitig haben
alle 27 EU-Mitgliedstaaten die Impfstoffbeschaffung der EU-Kommission
überlassen und so einen gefährlichen Wettbewerb bei der Impfstoffvergabe
verhindert. Dieser europäische Kraftakt umfasst dafür umso mehr
Akteur*innen und ist eine ebenso größere Herausforderung. Die Impfstoffe
müssen nun geliefert werden, um neben den Risikopatient*innen und dem
Pflegepersonal eben auch Lehrkräfte in Hessen vollumfänglich impfen zu
können, damit die Schüler*innen sich ohne Sorgen wieder in den
Klassenzimmern einfinden und den ersehnten Schulalltag leben können.
Hessen liegt derzeit mit einer Impfquote von 8,3 % über dem
deutschlandweiten Durchschnitt von 8,16 % (Stand 17.03.2021). Hinzu kommt,
dass Hessen mit ca. 220.000 Zweitimpfungen im Vergleich der Bundesländer im
ersten Drittel der verabreichte Impfdosen bei der zweiten Impfung liegt
(Stand 17.03.2021). Dieser positive Stand der Dinge ermöglicht einen
besonnenen Optimismus und macht Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zu mehr
Normalität. Doch wir müssen vorsichtig bleiben. Angesichts der weiterhin
schwierigen pandemischen Lage sind Öffnungsschritte für Schulklassen erst
dann möglich, wenn die Infektionszahlen entsprechend zurückgegangen sind.
Diese Informationen werden den Schüler*innen und den Lehrkräften den Alltag
kaum erleichtern, dessen bin ich mir bewusst. Es liegt in der Verantwortung
von Politiker*innen, angemessene Maßnahmen zu beschließen, damit die
Pandemie aus unserem Alltag beseitigt werden kann. Daran arbeiten wir
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Hessen. Dabei bitte ich um Verständnis für die
Maßnahmen, die im Sinne des Infektionsschutzes unentbehrlich sind.
Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund
Miriam Dahlke