Frage an Minka Dott von Jens L. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dott,
bekanntlich ist ein Kernschwerpunkt des rot-roten Senats in den letzten Jahren eine rigide Sparpolitik gewesen. Geld, das nicht da ist, kann nicht ausgegeben werden, war die strikte Regide! Es gab harte Einschnitte in der Stadt. Dennoch fordert Ihre Partei die Anhebung der Hartz IV Sätze bzw. gleich Abschaffung. Gleichzeitig wird bei Personal gespart (z.B. in Form des Solidarpakts oder der Abschaffung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld für die Landesbediensteten).
Ist das das Linkspartei Verständnis einer Solidargemeinschaft? Soll die eine Schicht die andere finanzieren? Letztlich stelle ich Ihnen die Frage, ob Fördern und Fordern für Sie überholt ist? Wovon soll die geforderte Erhöhung der Regelsätze finanziert werden? Durch Kürzung bei Bildung, Polizei, Sicherheit, Verwaltung?
Zuletzt: War nicht das Land Berlin der größte Arbeitgeber der Region? Schafft nicht das Land Arbeit indem es seine Verwaltung und Bürgerdienste ausbaut? Wie wäre es mit mehr Arbeit vom Senat von Berlin? Der Gedanke der dahintersteckt: Mehr Arbeit = weniger Arbeitslose. Weniger Arbeitslose = weniger Transferleistungen. (ergo kostet Arbeit zwar über Personalkosten Geld, schafft aber an anderer Stelle einen Ausgleich). Mehr Personal = mehr Service für den Bürger. Mehr Personal in der Polizei: Sicherere Straßen und U-Bahnen. Mehr Personal in den Finanzbehörden = Mehr Landeseinnahmen. "Reichtum für alle" ist Ihr Parteimotto... Was halten Sie von meinem Lösungsansatz und wie steht der Slogan Reichtum für alle mit dem harten Sparkurs im Berliner öffentlichen Dienst in Zusammenhang?
Sehr geehrter Herr Lordan,
ich bedanke mich für Ihre Frage.
Sie haben Recht: Geld, das man nicht hat, kann mann nicht ausgeben.
Allerdigs war der Sparkurs nicht um seiner selbst willen notwendig, sondern um den Berliner Haushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die rot-rote Koalition erschien ja nicht von ungefähr auf der Bildfläche, sondern als "Notgemeinschaft" nach dem Bankenskandal und dem anschließenden Regierunssturz der CDU/SPD-Koalition im Jahr 2001, Sie erinnern sich sicher. Nach der Vereinigung der Doppelstadt Berlin war es nicht gelungen, den in beiden Stadthälften aufgeblähten öffentlichen Dienst strukturell vernünftig umzubauen, für andere Felder galt dies auch. Gleichzeitig waren die Einnahmen der Stadt durch die Deindustrialisierung in Ost und West drastisch gesunken, Sie kennen die Gründe. Eine Stadt kann sich nicht entwickeln, wenn sie keinen Spielraum mehr hat. Haushaltskonsolidierung war angesagt. Das bedeutete, den größten Kostenfaktor Lohn unter die Lupe zu nehmen und gleichzeitig die Einnahmenseite zu verbessern. Und das haben wir in den vergangenen Jahren getan. Der Wirtschaftssektor kommt langsam in Schwung. Es ist dabei unredelich, die Lohnkosten für Verwaltung den Ausgaben für Hartz IV gegenüber zu stellen. Ihre Rechnung ist zu simpel und stimmt auch nicht.
Die Linkspartei hat auf Bundesebene verschieden Vorschläge gemacht, denn Hartz-Gestze sind Bundesgesetze. Mit der Abschaffung der Hartz IV-Sätze und der gleichzeitige Zusammenlegung aller gewährten Leistungen zu einem Lohn im öffentlichen Bereich könnte man Bürokratie abbauen und gesellschaftlich notwendige Arbeit bezahlen. Dafür bin ich, es kostete nicht mehr Geld. Solidargemeinschaft heißt, Lebensbedingungen für alle zu verbessern, auch für die, die sich selbst nicht helfen können. Fördern und fordern steht in engem Zusammenhang.
Die Personalzahlen im öffentlichen Dienst haben jetzt ein Maß erreicht, das nicht gesenkt werden kann, ein Einstellungskorridor in verschiedenen Bereichen soll für den nötigen Generationswechsel sorgen. Das Personal leistet eine hoch geschätzte Arbeit, sie muss auch ordentlich bezahlt werden. Das Land Berlin ist der größte Arbeitgeber und wird es auch bleiben. Öffentlicher Dienst ist wirklich mehr als Polizei und Justiz, Kosten entstehen nicht nur durch Lohn. Und an Bildung wird seit Jahren nicht gespart: wir haben z.B. Studiengebühren verhindert und die Kita ist jetzt für alle Kinder kostenfrei! Besser als mehr Polizei ist weniger Kriminalität. Reserven sehe ich weniger in der Anzahl der Personen als in der Aufgaben- und Strukturkritik und in der Organisation ihrer Tätigkeit (habe in den letzten Jahren trotzdem gegen weiteren Personalabbau gekämpft). Viel zu viel bürokratischer Aufwand hält von der eigentlichen Arbeit ab.
Reichtum für alle heißt, allen die Teilnahme an den Dingen zu ermöglichen, die die Stadt bietet. Dabei stehen gerecht bezahlte Arbeit, Kultur, Bildung und Gesundheit ganz vorne an. Der Ziel des rot-roten Senats war und ist nicht der Sparkurs, sondern dieser ist Mittel zum Zweck. Dabei sind wir auf gutem Weg.
Mit freundlichem Gruß
Minka Dott