Frage an Michaela Noll von Michael G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Noll,
was hat es sich mit dem §146 im Grundgesetz aufsich ?
Viele Grüße
Sehr geehrter Herr Ganser,
für Ihre Anfrage danke ich Ihnen hiermit.
Sie sprechen dabei den Art. 146 GG an, der unmissverständlich klarstellt, dass die Deutsche Einheit vollendet ist.
Gemäß Artikel 146 verliert das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom Deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen wurde. Einen Aufruf, eine derartige Verfassung zu beschließen, enthält das Grundgesetz jedoch nicht, wie der Text der Präambel zeigt:
"[...] hat sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben."
Die Textpassagen dieses GG-Artikels werden gelegentlich dahingehend interpretiert, nur eine direkt - also plebiszitär - beschlossene Verfassung erfülle das staatsrechtliche Programm des Grundgesetzes und der provisorische Zustand sei weiterhin gegeben. Mehrheitlich wird in der Staats- und Rechtswissenschaft darin jedoch kein demokratisches Defizit gesehen, denn das Prinzip der Repräsentativen Demokratie, das hier letztlich zur Anwendung kommt, sei qualitativ und demokratietheoretisch nicht mangelhaft, sondern eine graduelle und systematische Grundentscheidung. Auch habe das Grundgesetz in seiner alten Fassung von einer freien Entscheidung des Volkes gesprochen - als Kontrast zur politischen Unfreiheit der Deutschen in der DDR - nie jedoch von einer direkten Entscheidung. Daher seien besondere plebiszitäre Anforderungen hieraus nicht herleitbar. Das deutsche Volk habe durch den Verfassungsgesetzgeber der Jahre 1990-94 stets frei und kontinuierlich gesprochen. Vielmehr schließe der belassene Artikel 146 eine Verfassungsreform mit Aufhebung des Grundgesetzes zwar nicht aus, er verlange sie aber auch nicht. Gegenwärtig laute daher das Credo der Verfassungsgesetzgebung vereinfacht: Das Grundgesetz ist die Verfassung.
Mit freundlichem Gruß
Michaela Noll