Frage an Michaela Noll von Harald K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Noll,
Regierungsprogramm 2017-2021
Im Kapitel SICHERHEIT IM INNEREN UND NACH Außen steht auf Seite 63: Wir wollen, dass die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, dauerhaft niedrig bleibt. Das macht es möglich, dass wir unseren humanitären Verpflichtungen durch RESETTLEMENT und RELOCATION nachkommen.
Frage 1: Wem gegenüber besteht eine humanitäre Verpflichtung überhaupt Flüchtlinge aus aller Welt aufzunehmen?
Frage 2:Was bedeutet RESETTLEMENT und RELOCATION?
Frage 3 Was ist mit dem Satz anzufangen, "dass die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, dauerhaft niedrig bleibt", wenn Frau Merkel weiterhin eine Obergrenze strikt ablehnt?
Frage 4: Was ist konkret mit "niedrig" gemeint?
Vielen Dank im Voraus
Mit freundlichen Grüßen
H. K.
Sehr geehrter Herr K.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15. August dieses Jahres über die Plattform www.abgeordentenwatch.de, mit welcher Sie Fragen zur Flüchtlingspolitik der CDU und CSU in dem gemeinsamen Regierungsprogramm für die Jahre 2017-2021 stellen.
Ich darf darauf hinweisen, dass Artikel 16a des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland politisch Verfolgten ein individuelles Grundrecht auf Asyl sichert. Dies ist Ausdruck für den Willen Deutschlands, seine historische und humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen zu erfüllen. Damit wird das Asylrecht in Deutschland nicht nur – wie in vielen anderen Staaten – auf Grund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 gewährt, sondern hat als Grundrecht Verfassungsrang.
Soweit Sie nach der Bedeutung des Begriffes „Resettlement“ fragen ist festzustellen, dass dieser in die deutsche Sprache übersetzt zunächst einmal „Umsiedlung“ bedeutet. Im Herbst 2011 wurde auf der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder das deutsche Programm zur Umsiedlung von bereits anerkannten und besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Drittstaaten beschlossen. Der sogenannte „Ressetlement-Bedarf“ wird vom Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) zuvor geprüft. Letztlich entscheiden die Bundesregierung und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aber eigenständig, welche, wie viele und ob überhaupt Flüchtlinge über diesen Weg aufgenommen werden. Resettlement-Flüchtling, die in die Bundesrepublik Deutschland kommen, erhalten lediglich eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Danach wird – wie bei allen anderen Flüchtlingen auch – überprüft, ob die Voraussetzungen für eine Rückkehr in das jeweilige Heimatland vorliegen. Erst wenn das nicht der Fall ist, wird eine unbefristete Niederlassungserlaubnis ausgestellt. Von 2012 bis 2015 sind circa 1400 Resettlement-Flüchtlinge eingereist. Seit 2016 handelt es sich um ein jährliches Kontingent von 800 Personen.
Hinsichtlich des Terminus „Relocation“ gilt, dass dieser Begriff in deutscher Sprache für „Umsiedlung“ steht. Bei dem sogenannten Relocation-Verfahren handelt es sich um ein solidarisches Umverteilungsverfahren zwischen stark und weniger belasteten EU-Staaten. Konkret geht es dabei um Personen, die nach dem Dublin-Verfahren in einem EU-Land bereits registriert sind und einen Asylantrag gestellt haben. Trotz Umverteilung müssen diese Personen das Asylverfahren in dem neuen Land vollständig durchlaufen und sind rechtlich mit anderen Asylsuchenden gleichgestellt. Es werden dabei jedoch Personengruppen ausgewählt, bei denen eine hohe Schutzquote von 75 Prozent zu erwarten ist. Im Rahmen der europäischen Relocation-Programme hat Deutschland in den letzten beiden Jahren circa 3500 Asylbewerber aus Griechenland und Italien aufgenommen.
Lösungsansätze, die dazu führen, dass sich die Flüchtlingszahlen reduzieren, sind unumgänglich. Eine Situation wie im Jahr 2015 darf sich nicht noch einmal wiederholen. Wir wollen, dass die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, dauerhaft niedrig bleibt. Mit den beiden angeführten Verfahren, Resettlement und Relocation, kann einer kontrollierten und überschaubaren Aufnahme von Asylbewerbern sowie anerkannten Flüchtlingen nachgekommen werden.
Aber natürlich bleibt noch einiges zu tun. Wichtig ist, dass wir auch zukünftig Lösungen entwickeln und umsetzen. Dazu gehört auch, dass der Schutz der EU-Außengrenzen weiter ausgebaut wird. Dass wir uns noch mehr anstrengen, damit die Integration der zu uns Gekommenen gelingen kann. Dass wir zugleich Sicherheitslücken erkennen und die Risiken unter Kontrolle halten. Das sind die Aufgaben, die vor uns liegen. Und das ist auch der Grund, warum ich noch einmal für den Bundestag kandidiere.
Mit freundlichen Grüßen
Michaela Noll MdB