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Frage von Hans-Dirk K. •

Frage an Michaela Noll von Hans-Dirk K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Noll,

ich möchte gern wissen, ob Sie dem ESM-Vertrag zustimmen wollen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der dieses Konstrukt vollständig und mit Verstand gelesen hat, solchen Bestimmungen vorwiegend zum Nachteil Deutschlands zustimmen kann. Dieser Vertrag...
- zementiert die Transfer- und Schuldenunion,
- hebelt das Verbot der Zentralbankfinanzierung aus,
- lässt den ESM wie eine Super-Staatsbank operieren,
- kann sein Stammkapital jederzeit selbst erhöhen,
- annuliert da Budgetrecht der Parlamente,
- enthält keine Austritts- oder Auflösungsklauseln,
- ist ein Selbstbedienungsladen für verschuldete Staaten,
- lässt die Funktionäre ihr Salär selbst bestimmen und genießen Immunität.

Kurz, dieser Vertrag ist ein Unglück für die fleißigen und sparsamen Menschen und deren Kinder und Kindeskinder unseres Landes.
Wenn die Mehrheit der CDU diesem Machwerk zustimmt, werde ich aus dieser Partei austreten.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Dirk Krämer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Krämer,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 11. Juni 2012, in der Sie Kritik am vorgesehenen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) äußern und sich dafür aussprechen, dem ESM im Deutschen Bundestag nicht zuzustimmen.

Ich versichere Ihnen, dass ich die weit verbreitete Sorge über die Entwicklung in einigen Ländern der Eurozone sehr gut nachvollziehen kann. Es ist für alle offensichtlich geworden, dass die Währungsunion in der Form, wie sie in den ersten Jahren ihrer Existenz aufgestellt war, nicht dauerhaft existieren kann. Wir arbeiten daher konsequent an einer verbesserten Stabilitätsarchitektur für Europa, zu der der ESM einen wesentlichen Beitrag leisten wird. Ich werde dem ESM daher im Bundestag zustimmen und möchte Ihnen meine Gründe dazu gerne erläutern.

Der auf europäischer Ebene beschlossene und unterschriebene ESM-Vertrag setzt aus meiner Sicht ein deutliches Signal für nachhaltige Stabilität innerhalb Europas. Denn es können Situationen auftreten, in denen akut in Schwierigkeiten geratene Euro-Länder kurzfristig von ihren Partner unterstützt werden müssen. Denn ein im Falle des Nichthandelns möglicher Flächenbrand hätte unabsehbare Folgen für ganz Europa und damit auch für die deutsche Wirtschaft und unsere öffentlichen Haushalte. Ziel aller jetzigen und zukünftigen Maßnahmen darf aber nur die kurzfristige zielgerichtete Krisenhilfe sein, ganz ausdrücklich nicht die dauerhafte Alimentierung von Staaten.

Der ESM darf daher nicht isoliert von den anderen, ebenso wichtigen Bausteinen für eine dauerhaft stabile Währungsunion betrachtet werden. Eine Währungsunion kann nur funktionieren, wenn jedes Mitgliedsland aus eigener Kraft solide wirtschaftet und wettbewerbsfähig ist. Ein fundamentaler Baustein im neuen Regelungsgefüge Europa ist neben dem ESM daher auch der am 30. Januar von den Staats- und Regierungschefs fast aller Mitgliedstaaten beschlossene Fiskalvertrag. Die Einführung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in allen anderen Euro-Staaten, die mit diesem Vertrag verpflichtend sein wird, ist eine entscheidende Weichenstellung für die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung. Im Vertrag sind auch Maßnahmen zu einer verbesserten wirtschaftspolitischen Koordinierung sowie für mehr Konvergenz enthalten. Nicht zuletzt verbessern wir mit der Schärfung des Stabilitätspakts und der Einführung des Euro-Plus-Pakts die Rahmenbedingungen für eine stabile und wettbewerbsfähige Währungsunion noch weiter.

Um eine enge Verzahnung der Aspekte kurzfristige Krisenhilfe und mittel- bis langfristige Solidität der Empfängerländer zu gewährleisten, fußt der ESM auf dem Grundsatz, dass Solidarität nur bei entsprechender fiskalpolitischer Solidität gewährt werden kann. Leistungen des ESM dürfen daher auch nur von Staaten beansprucht werden, die die Vorgaben des Fiskal-Vertrages umsetzen – insbesondere die der nationalen Schuldenbremsen.

Es ist in keiner Weise so, dass wir mit dem ESM unsere Verpflichtung für einen verantwortungsvollen Umgang mit deutschen Steuergeldern aus der Hand geben. Der Deutsche Bundestag wird seine Haushaltsverantwortung im Zusammenhang mit dem ESM in vollem Umfang wahrnehmen. Etwas anderes würde auch das Bundesverfassungsgericht nicht zulassen. Der Deutsche Bundestag muss nicht nur den ESM-Vertrag durch ein Zustimmungsgesetz ratifizieren und den deutschen Beitrag zum Stammkapital des ESM genehmigen. Der Deutsche Bundestag oder seine Gremien werden auch danach bei allen Entscheidungen einbezogen, wenn dies die Haushaltsverantwortung des Deutschen Bundestages erfordert. Dies gilt insbesondere für die Entscheidungen, einem in Not geratenen Euro-Mitgliedstaat eine Finanzhilfe zu gewähren. Die konkreten Beteiligungsrechte werden in einem Gesetz zur Umsetzung des ESM-Vertrags geregelt, das derzeit vorbereitet wird.

Insgesamt bin ich von der Notwendigkeit des ESM als Teil einer verbesserten Stabilitätsarchitektur in Europa fest überzeugt und setze mich daher ausdrücklich für die Zustimmung zum ESM im Deutschen Bundestag ein.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre

Michaela Noll MdB