Frage an Michael Weippert von Sofia S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Weippert,
ich finde an Ihrem Wahlprogramm sehr gut, dass die Kultur- und Bildungspolitik wieder eine stärkere Rolle spielen soll. Die Konzepte für die Ganztagsschule mit einer besseren Einbindung von Fremdsprachen und Sport und einer besseren Zusammenarbeit von Lehren, Eltern, Schülern, Vereinen und Verbänden halte ich für sehr sinnvoll. Allerdings möchte ich Sie fragen, ob Sie es wirklich angemessen finden, Kinder bereits im Alter von 4 in die Schule zu schicken. Kinder sollten entwicklungsgerecht gefördert und gefordert werden. Wie soll der Unterricht für Kinder dieses Alters aussehen? Und führt die starke Einbindung von Wirtschaft in den Unterricht nicht zu einer starken Einseitigkeit des Unterrichts? Meines Erachtens sollten Kinder und Jugendliche eine möglichst vielfältige Bildung erfahren, in der sie Sozialkompetenzen, Fachkompetenz und freie Meinungsbildung erlernen. Ihre Meinung zu diesem Thema würde mich interessieren.
Die Hochschulen betreffend finde ich eine Einführung von Studiengebühren keineswegs falsch. Ich habe ein Jahr lang in den USA gelebt und festgestellt, dass die Bedingungen an den Universitäten durch die finanziellen Mittel sehr viel besser sind. Und auch die freie Wahl der Hochschule sowie der Studenten ist gewiss ohne die ZVS sinnvoller. Damit jedoch der Zugang zur universitären Bildung allen gleichermaßen zugänglich sein kann und es nicht zu sozialer Abgrenzung kommt, muss eine Regelung geschaffen werden, die es auch sozial schwächeren Studienbewerbern erlaubt, ihr Studium vernünftig zu absolvieren. Ein System, welches auf Darlehen beruht, finde ich beunruhigend. Ich denke, dass es abschreckend wirken könnte, so dass letztendlich doch nur „reiche Kinder“ studieren gehen. Vor allem aber sehe ich, dass die Gefahr besteht, dass Studierende mit einem Darlehen nach einem Studienabbruch mit einem Berg von Schulden dastehen. Ich halte ein gutes Stipendiensystem für eine bessere Alternative. Wie stehen Sie dazu?
Gruß, S.Shaw
Sehr geehrte Frau Shaw,
es freut mich zu lesen, daß Ihnen das Bildungsprogramm der FDP gefällt.
Ein hohes Niveau an Einkommen, an Gesundheitsleistungen und sozialer Sicherheit lässt sich nur halten, wenn die Wirtschaft weiter für eine hohe Wertschöpfung sorgt. Voraussetzung dafür sind ein hervorragendes Bildungswesen von der frühkindlichen Bildung über Schulen, berufliche Bildung und Hochschulen bis zur Erwachsenenbildung und zum lebenslangen Lernen, exzellente Bedingungen für Wissenschaft und Forschung und eine große Innovationsfähigkeit der Gesellschaft.
Leider haben Bildung und Forschung in unserem Land den Stellenwert verloren, den sie aufgrund ihrer fundamentalen Bedeutung verdienen. Mit einer Ausnahme (Portugal) geht in allen OECD-Ländern ein höherer Bildungsstand mit einer höheren Beschäftigungsquote einher.
Unsere kurzfristigen Ziele sind:
- Chancengerechtigkeit beim Start durch frühkindliche Bildung. Bildung von Anfang an bedeutet schon die Förderung der Kinder im Kindergarten und die Einschulung mit fünf Jahren, natürlich mit altersgemäßen Angeboten.
- Flächendeckende Angebote an Ganztagsschulen mit eigenem pädagogischen Konzept.
- Verkürzung der Regelzeit bis zum Abitur auf bundesweit 12 Jahre
Verbindliche Sprachtests sollen bereits ab vier Jahren durchgeführt werden, um mit gezielten Fördermaßnahmen beginnen zu können. Dies ist auch für die Integration der Migrantenkinder wichtig.
Die Bildungseinrichtungen müssen in einen Wettbewerb um die beste Ausbildung treten. Das bedeutet: Schulen und Hochschulen brauchen mehr Selbstbestimmung. Hochschulen brauchen die Freiheit, Studienentgelte zu erheben, wenn sie Spitzenleistungen erbringen sollen.
Niemand darf aus finanziellen Gründen am Studium gehindert werden. Erst bei entsprechendem Verdienst werden Studienentgelte nach Studienabschluss fällig. Diese nachlaufenden Studienfinanzierungen sollen einkommensabhängig zurückzahlbar sein, um soziale Härten zu vermeiden.
Die (zusätzliche) Förderung durch Stipendien steht dem natürlich nicht entgegen. Die FDP steht daher für ein Stipendien- und Darlehenssystem, das Leistung fördert und Chancengerechtigkeit gewährleistet.
Besten Gruß
Michael Weippert