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Michael Thews
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Frage von Elke K. •

Frage an Michael Thews von Elke K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Frauen erhalten nur etwa halb so viel Rente wie Männer. Wie wollen Sie diese strukturelle Benachteiligung beheben?

Wie viele Menschen arbeiten für Sie? Wie viele davon sind weiblich, männlich, schwerbehindert bzw haben Migrationshintergrund? Bitte nach Wochenstunden aufschlüsseln.

In den männerdominierten, relativ gut bezahlten Bereichen Polizei, Justizvollzug und bei Sicherheitsdiensten dürfen nur gleichgeschlechtliche Personen durchsucht werden, in der weiblich dominierten und relativ schlecht bezahlten Alten- und Krankenpflege dagegen wird ohne Rücksicht auf die Geschlechter der Beteiligten selbst der Intimbereich gewaschen. Was denken Sie zu diesem Thema?

Werden Sie sich zukünftig für oder gegen eine Privatisierung von Straßen / Autobahnen und gegen eine PKW-Maut einsetzen?

Seit vielen Jahrzehnten zahlt Deutschland an sehr viele Länder große Summen Entwicklungshilfe. Warum erhalten selbst hoch entwickelte Länder wie Indien oder China, die ein Raumfahrt-Programm haben bzw deren Programmierer wir gerne abwerben, noch Entwicklungshilfe?

Wird unsere Entwicklungshilfe wissenschaftlich begleitet und auf Effizienz geprüft, um Korruption bzw sinnlose bis kontraproduktive Geldverschwendung zu vermeiden? Welche nachweisbaren Erfolge hat unsere Entwicklungshilfe der letzten, sagen wir, 50 Jahre, bisher gezeigt?

Was halten Sie davon, die Entwicklungshilfe zu kürzen, um mit dem eingesparten Geld Flüchtlinge in geeigneter Weise zu qualifizieren und ggf mit Mikrokrediten zu unterstützen, damit sie nach ihrer Heimkehr eine Perspektive haben?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Koschel,

gerne beantworte ich Ihnen die Vielzahl an Fragen:

1. Frauen erhalten nur etwa halb so viel Rente wie Männer. Wie wollen Sie diese strukturelle Benachteiligung beheben?
Eine geringere Rente von Frauen ergibt sich aus einer geringeren Lohneinzahlung zu Arbeitszeiten. Die Gründe hierfür sind eine Lohnlücke zwischen Männer und Frauen, eine höhere Teilzeitquote und häufigere Erwerbsunterbrechungen und früheres Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zur Kinderbetreuung und Angehörigenpflege.
Die Lohnlücke von derzeit 21% könnte durch in einem ersten Schritteine Stärkung der Tarife und Tarifpartner in sozialen Berufen erreicht werden, da hier vor allem Frauen arbeiten. Im Folgenden wäre es gerecht, das Transparenzgesetz in Lohnfragen zu einem Entgeltgleichheitsgesetz mit Verpflichtungen und einklagbaren Ansprüchen auszubauen. Ein solches war vorher am Widerstand der Union gescheitert.
Der zweite Ansatzpunkt ist die gerechte Ausgestaltung der Teilzeit. Derzeit arbeiten 42% der Frauen, aber nur 7% der Männer in Teilzeit. Einer der Gründe weshalb Frauen hier disproportional vertreten sind, ist die Mutterzeit. So haben Mütter, die aus der Elternzeit in den Beruf zurückkehren wollen kein Anrecht auf Ihre vorherige Arbeitszeit. Diesen Missstand wollten wir durch ein Rückkehrrecht beheben, die Union wollte sich jedoch nicht auf einen Kompromiss einlassen. Der zweite Grund ist eine freiwillige Teilzeitnahme zur weiteren Kindererziehung. Der Grund hierfür ist bei Elternpaaren meist die die notwendig erscheinende Aufteilung Vollzeit-Teilzeit. Wir haben in unserem Regierungsprogramm die Idee einer Familienzeit vorgestellt, bei der Elternteile mit jüngeren Kindern gleichermaßen Teilzeit arbeiten können und hierbei zusätzlich 150 € pro Person und Kind bekommen sollen.
So müssten sich Elternpaare nicht mehr zwischen Vollzeit-Teilzeit entscheiden, und auch Alleinerziehende könnten mit geringerem Verdienstausfall für Ihre Kinder sorgen.
Der Ansatzpunkt für ein Ausgleich der Rentenlücke ist somit das Schaffen eines fairen und gerechten Arbeitsumfeldes, das die Interessen von Frauen und Familien schützt.

2. Wie viele Menschen arbeiten für Sie? Wie viele davon sind weiblich, männlich, schwerbehindert bzw. haben Migrationshintergrund? Bitte nach Wochenstunden aufschlüsseln.

Fragen zu meinen Mitarbeitern fallen aus meiner Sicht in den vertraulichen Bereich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und werden von mir nicht beantwortet.

3. In den männerdominierten, relativ gut bezahlten Bereichen Polizei, Justizvollzug und bei Sicherheitsdiensten dürfen nur gleichgeschlechtliche Personen durchsucht werden, in der weiblich dominierten und relativ schlecht bezahlten Alten- und Krankenpflege dagegen wird ohne Rücksicht auf die Geschlechter der Beteiligten selbst der Intimbereich gewaschen. Was denken Sie zu diesem Thema?
Was ist der Unterschied zwischen einer Durchsuchung der Polizei und der Intimpflege oder Begutachtung in pflegerischen und ärztlichen Berufen?
Die Maßnahme der Polizei ist verpflichtend, sie können sich Ihr nicht widersetzen. Aus diesem Grund findet sich im Gesetz die Maßgabe, dass Personen immer von gleichem Geschlecht oder von Ärzten beliebigen Geschlechtes durchsucht werden sollen, außer es liegt eine besondere Bedrohungslage vor.

4. Werden Sie sich zukünftig für oder gegen eine Privatisierung von Straßen / Autobahnen und gegen eine PKW-Maut einsetzen?
Ich habe am 01. Juni 2017 gegen das Maßnahmenpacket von Union/SPD gestimmt, dass die Autobahnprivatisierung beinhaltet hat.
(vgl. http://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung/?id=472 )
Diese Auffassung vertrete ich auch weiterhin.

Der PKW-Maut habe ich im März 2017 zugestimmt, jedoch nur um das Koalitionsversprechen zu wahren.

5. Seit vielen Jahrzehnten zahlt Deutschland an sehr viele Länder große Summen Entwicklungshilfe. Warum erhalten selbst hoch entwickelte Länder wie Indien oder China, die ein Raumfahrt-Programm haben bzw. deren Programmierer wir gerne abwerben, noch Entwicklungshilfe?

6. Wird unsere Entwicklungshilfe wissenschaftlich begleitet und auf Effizienz geprüft, um Korruption bzw. sinnlose bis kontraproduktive Geldverschwendung zu vermeiden? Welche nachweisbaren Erfolge hat unsere Entwicklungshilfe der letzten, sagen wir, 50 Jahre, bisher gezeigt?
Zuerst einmal muss man hier differenzieren:
Die durch das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) geleistete projektbezogene Entwicklungszusammenarbeit umfasst viele Bereiche, von der Bereitstellung von Studienkrediten über die Unterstützung von Umweltschutzprojekten hin zur klassischen Entwicklungsunterstützung. In den von Ihnen genannten Ländern China und Indien finden sich zum großen Teil Projekte die auf eine Fachkräftequalifizierung hinarbeiten. Auch der Umweltschutz ist hier vertreten, da Deutschland das Interesse und Knowhow hat diesen voranzutreiben.
Natürlich wäre es weltfremd zu behaupten dass jeder Cent genau dort ankommt wo er hinsoll. Doch das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit hat in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, die Förderungsleistungen transparenter zu gestalten und über die Projekte zu berichten.
(vgl. http://www.bmz.de/de/ministerium/zahlen_fakten/transparenz-fuer-mehr-Wirksamkeit/iati/index.jsp )

Im Wege der Korruptionsbekämpfung stützt man sich vor allem auf die Belohnung korruptionsbekämpfenden Verhaltens aber auch auf die Einbindung aller beteiligten Akteure. So versteift sich das BMZ nicht auf rein staatliche Akteure, sondern versucht den Umständen nach stets den Staat, die zivilgesellschaftlichen Organisationen und die Privatwirtschaft mit einzubinden.
(vgl. http://www.bmz.de/de/ministerium/wege/bilaterale_ez/zwischenstaatliche_ez/index.html )

Ein ausführliche Evaluierung der deutschen Projekte finden Sie hier: https://www.deval.org/de/evaluierungsberichte.html

7. Was halten Sie davon, die Entwicklungshilfe zu kürzen, um mit dem eingesparten Geld Flüchtlinge in geeigneter Weise zu qualifizieren und ggf. mit Mikrokrediten zu unterstützen, damit sie nach ihrer Heimkehr eine Perspektive haben?
Ich halte es für falsch die Entwicklungszusammenarbeit an dieser Stelle zu reduzieren. Zu allererst kommt die deutsche Finanzierungshilfe insb. dem UNHCR zu Gute, dass Flüchtlingsströme weltweit überwacht und für Hilfsmaßnahmen sorgt. So wurden durch deutsche Unterstützung seit 2013 knapp 800.000 Menschen in jordanischen Flüchtlingslagern mit Wasser versorgt. Eine Entziehung der Gelder wäre hier kontraproduktiv.
Viel gewichtiger ist jedoch, dass eine Reduzierung der Entwicklungszusammenarbeit in Entwicklungsländern gerade für ein Ansteigen der Push und Pull Faktoren führen würde: So würde man statt einer lokalen Förderung Menschen dazu veranlassen, sich auf einen gefährlichen und kostspieligen Weg zu machen um durch die Flucht und spätere Rückführung das Recht auf einen Mikrokredit erwerben zu können.
Vielmehr wirkt ein System von Mikrokrediten und genereller Entwicklungszusammenarbeit bereits jetzt vor Ort. So sind beispielsweise in Äthiopien bis 2015 knapp 390.000 Hektar Land wieder fruchtbar gemacht worden, wovon in etwa 200.000 Kleinbauerhaushalte profitiert haben.
Auf der anderen Seite müssen wir daran arbeiten die Erfolge deutscher Entwicklungszusammenarbeit nicht wieder zunichte zu machen durch eine fahrlässige Handelspolitik. So wurden beispielsweise in Ghana Kleinbauern gestärkt, die dann durch den massiven Export deutscher und europäischer Schlachtabfälle aus dem Geschäft getrieben wurden.
Unter anderem verfügt das BMAF bereits über die Möglichkeit der Darbietung von Mikrokrediten oder Aufbauhilfe, um eine freiwillige Rückkehr und dauerhafte Zukunft im Heimatland zu gewährleisten. Dafür muss nicht deutsche Entwicklungszusammenarbeit zusammengestrichen werden.

Ich hoffe ich konnte Ihnen die Vielzahl an Fragen beantworten. Bei weiteren Fragen können Sie mich gerne per E-Mail unter michael.thews.@bundestag.de kontaktieren. Aktuelle Themen finden Sie unter meinen Wochenberichten auf http://michael-thews.com/wochenberichte/ .

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