Michael Theurer
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Frage von Andreas K. •

Frage an Michael Theurer von Andreas K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Theurer,

im Interview mit dem ZDF hat Ihr FDP-Kollege Wolfgang Kubicki laut dem ZDF Bericht vom 14.06.2020 gesagt, dass sich der FDP-Meinung nach seit Ostern viel Maßnahmen "nicht mehr rechtfertigen ließen":
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-kubicki-fdp-corona-debatte-100.html

Dies habe ich sehr begrüßt, insbesondere mit Blick auf die aktuellen Zahlen vom Robert-Koch-Institut.

Trotzdem gelten noch sehr viele einschränkende Maßnahmen und es sind viele Menschen weiterhin verängstigt. Deshalb finde ich es richtig und gut, dass Sie sich für eine sinnvolle Aufhebung der Einschränkungen öffentlich einsetzen, vielen Dank!

Umso irritierender war für mich nun heute im neuen Gesetzesentwurf zur Weitergeltung von Rechtsverordnungen und Anordnungen aus der epidemischen Lage von nationaler Tragweite angesichts der Covid-19-Pandemie (Drucksache 19/20042) zu lesen, dass Sie als Mitautor vorschlagen, trotz der Erkenntnis, dass eine epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht mehr vorliegt (Seite 2, Abschnitt 2), trotzdem die eingeräumten Anordnungs- und Verordnungsermächtigungen bis "auf ein Jahr nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, spätestens auf den Ablauf des 31. März 2022 zu" verlängern!
https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/200/1920042.pdf

Können Sie bitte erklären, wie Ihr Einsatz für die Aufhebung der Einschräkungen mit diesem Gesetzesentwurf zusammenpasst, der die Verordnungsermächtigungen für die Einschränkung noch weit in die Zukunft legitimiert? Wie werden Sie sich in Zukunft für die Stärkung der Grundrechte in Krisenzeiten wie diesen einsetzen?

Herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen
A. K.

Michael Theurer
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Klein,

vielen Dank für ihre Frage zum Gesetzesentwurf zur Weitergeltung von Rechtsverordnungen und Anordnungen aus der epidemischen Lage von nationaler Tragweite angesichts der Covid-19-Pandemie welche Konstantin Kuhle und Christine Aschenberg-Dugnus federführend für die FDP-Fraktion entwickelt haben. Voranstellen möchte ich, dass Sie den Gesetzentwurf nicht isoliert sondern in Kombination mit unserem Antrags zur Aufhebung der epidemischen Lage sehen müssen. Daher erlauben Sie bitte, dass ich etwas ausführlicher antworte.

Das Infektionsschutzgesetz ist zwar ein Bundesgesetz, es wird aber durch die Länder umgesetzt. Dementsprechend sind alle aktuell geltenden Hygiene- und Abstandsregeln, wie etwa die Maskenpflicht, durch die Länder erlassen worden. Damit hat die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" nichts zu tun. In bestimmten Bereichen war es im März 2020 sinnvoll, dass der Bund abweichend von dieser Regel tätig wird. Weil es besonders schnell gehen musste, sollte aber nicht der Bundestag erst das Infektionsschutzgesetz ändern müssen, sondern der Bundesgesundheitsminister sollte durch eigene Regelungen vom Gesetz abweichen können. Diese Regelungen nennt man Rechtsverordnungen und es gibt sie auch in vielen anderen Bereichen, die mit Corona gar nichts zu tun haben.
Im Bundestag waren manche, einschließlich der FDP, unzufrieden damit, dass der Bundesgesundheitsminister so viel Macht bekommen sollte. Deshalb haben wir darauf gedrängt, dass er diese Möglichkeit nur bekommt, wenn der Bundestag eine so genannte epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt. Dieses Instrument gab es vorher nicht! Es wurde im März 2020 befristet bis zum 31. März 2021 im Gesetz eingeführt. Gleichzeitig hat der Bundestag dieses neue Instrument genutzt und die epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt.
Es ist wichtig, die Einführung des Instruments von der Nutzung des Instruments zu trennen. Unser Antrag im Juni (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/200/1920046.pdf) richtete sich darauf, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite für beendet erklärt wird. Er richtete sich aber nicht darauf, das Instrument wieder abzuschaffen. Wir hielten das nicht für notwendig, weil das Instrument ohnehin am 31. März 2021 wieder aus dem Gesetz verschwindet.

Die FDP-Fraktion tut sich schwer damit, eine "Notlage" aufrecht zu halten, in der parlamentarische Rechte beschnitten werden, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Deswegen wollen wir die Feststellung aufheben. Zur Wahrheit gehört aber dazu, dass der Bundesgesundheitsminister seine Ermächtigungen für ein paar sinnvolle Regelungen genutzt hat, etwa zur Stärkung der Krankenhäuser. Alle auf der Basis der "epidemischen Lage" erlassenen Verordnungen führen wir in unserem Gesetzesentwurf unter der Begründung Teil A, I (Seite 6) (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/200/1920042.pdf) auf.

Wenn man (wie die FDP-Fraktion es fordert) die Feststellung der "epidemischen Lage" beendet, treten diese Regelungen außer Kraft, die zur Pandemiebekämpfung sinnvoll sind. Deswegen haben wir einen zweiten Antrag eingebracht, das Covid-19-Rechtsverordnungsweitergeltungsgesetz (eben jenes oben verlinkte Drucksache 19/20042), mit dem die Regelungen für eine Übergangszeit bis Ende September 2020 weiter gelten sollen. In dieser Zeit kann der Bundestag sie prüfen, erweitern oder, wenn er möchte, auch aufheben. Bei diesen Regelungen geht es aber nicht um Quarantäne- oder Maskenpflicht-Regelungen, sondern ausschließlich um die Themen die oben angesprochen sind.

Abschließend möchte ich Ihnen versichern, dass sich die FDP im Bundestag als Rechtsstaatspartei generell, und nicht nur in Krisenzeiten, für die Stärkung und Einhaltung der Grundrechte einsetzt.

Herzlichst
Ihr
Michael Theurer