Frage an Michael Theurer von Dittmar S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Theurer,
laut Bericht der Wirtschaftszeitung ´Financial Times Deutschland´ sollen US-Behörden zukünftig nahezu unbegrenzt Einblick in die Bankdaten der Bürger Europas nehmen dürfen.
Die zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten sollen bereits am 30. November über den Entwurf abstimmen. Die Ratspräsidentschaft will das Papier also noch vor dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags am 1. Dezember durchdrücken. Ab diesem Zeitpunkt erhält nämlich das EU-Parlament erstmals Mitspracherecht in Sachen Justiz- und Innenpolitik.
Was werden Sie und Ihre freiheitlich demokratische Partei konkret tun, damit über den Entwurf der Ratspräsidentschaft erst nach einer kritischen Überprüfung unter Beachtung des Datenschutzes und somit nach dem 30. November 2009 beraten und abgestimmt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dittmar Schock
Sehr geehrter Herr Schock,
vielen Dank für Ihre Email über Abgeordnetenwatch vom 12.November.
Bezüglich Ihrer Kritik an der Weitergabe europäischer Bankdaten möchte ich Ihnen zunächst mitteilen, dass wir uns als FDP bereits seit 2006 mit dem Thema befassen und uns dafür eingesetzt haben, dass der Finanzdienstleister SWIFT sein Datenverarbeitungszentrum von den USA weg nach Europa verlegt, um sicherzustellen, dass innereuropäische Daten in Europa bleiben.
Damit sollten bestehende Datenschutzbedenken, die aufgrund der Herausgabe von Finanzdaten an die USA auf Basis amerikanischer Gesetze im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung zustande kamen, überwunden werden. SWIFT unterhielt zu dem Zeitpunkt noch ein Operating Center in den USA, welches als Back-up alle europäischen Finanzdaten speicherte, und konnte sich daher den Forderungen der US-Behörden nicht entziehen. Mit der Verlegung des Datenverarbeitungszentrums in die Schweiz, welches Ende 2009 in Betrieb gehen soll, wurden zwei Verarbeitungszonen, Europa und Transatlantik, geschaffen.
Die FDP als Partei der Bürgerrechte arbeitet sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene daran, dass die innereuropäischen SWIFT-Daten nicht an die USA weitergeleitet werden.
Ich verstehe Ihre Sorgen und sehe in den angesprochenen Vorhaben der Kommission und des Rates einen deutlichen Angriff auf den europäischen Datenschutz. Ich werde mich selbstverständlich weiterhin mit aller Kraft gegen die zunehmenden Eingriffe in die Privatsphäre der europäischen Staatsbürger einsetzen und versuchen, den kritischen Stimmen des Europäischen Parlamentes bereits vor der Ratifizierung des Lissabon-Vertrages mehr Gehör zu verschaffen.
Da durch den Lissabonvertrag nicht nur das Mitentscheidungsrecht des Europäischen Parlamentes, sondern auch die Mitsprachemöglichkeiten der nationalen Parlamente gestärkt werden, bin ich zuversichtlich, dass bald eine demokratischere Kontrolle über Datenzugriffe möglich sein wird.
Bis zum 1.12, dem Tag des Inkrafttretens des Lissabonvertrages, kann das Parlament lediglich öffentlichen Druck erzeugen, es hat jedoch keine gesetzgeberischen Möglichkeiten, einen Abschluss der Verhandlungen zu verhindern.
Angehängt finden Sie die neuesten Presseaussendungen meines Kollegen Alexander Alvaro zu dem Thema. Er vertritt die FDP im Europäischen Parlament im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.
Ich möchte Ihnen noch einmal ausdrücklich danken, dass Sie sich an mich gewandt haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
Michael Theurer