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Michael Stübgen
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Frage von Herbert D. •

Frage an Michael Stübgen von Herbert D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Stübgen,

die derzeitige Bundesregierung verweigert sich weiterhin dem gesetzlichem Mindestlohn wie ihn andere Länder schon lange haben (z.B. in den Niederlanden). Studien,wie die der Universität Berkeley ( http://www.irle.berkeley.edu/workingpapers/157-07.pdf ; http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/_b=2713774,_p=30,_t=ftprint,doc_page=0;printpage ), belegen immer wieder, dass Mindestlöhne keine Arbeitsplätze vernichten, wie es die Gegner von Mindestlöhne immer wieder gerne behaupten.
Werden Sie im Interesse Ihrer Bürger im Wahlkreis sich für einen gesetzlichen Mindestlohn einsetzen und somit dem Lohndumping und der Ausbeutung der Arbeitnehmer Einhalt gebieten ? Ich stelle diese Frage in Hinblick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die ab Mai 2011 für osteuropäische Arbeitnehmer in der EU gelten wird.

Auch Sie behaupten, dass es eine Fachkräftemangel in Deutschland gibt und dieser sich in den nächsten Jahren noch verstärken wird. Da stellen sich bei mir und meinen Arbeitskollegen, Verwandten, Freunden und Sportskameraden einige Fragen:
Warum ist die reale Arbeitslosigkeit - wir reden von ca. 5,5 Millionen Arbeitssuchenden - ( http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/101202_arbeitsmarkt_im_november.pdf ) so hoch, wobei die hohe Arbeitslosigkeit gerade in Ostdeutschland sehr ausgepägt ist, obwohl dies ein Niedriglohnland ist ?
Warum sind die Löhne in Deutschland so niedrig und fallen die Lohnerhöhungen immer noch sehr gering aus ( http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/0,1518,734794,00.html )? Bekanntlich ist die Behauptung, dass die Löhne in D zu hoch waren resp. sind eine Mär der Arbeitgeberverbände ( http://www.boeckler.de/pdf/wsimit_2004_06_Kromphardt.pdf ; http://www.nachdenkseiten.de/?p=2101 )!
Warum wird uns (Physiker bzw. Elektrohandwerktechniker) von der Agentur für Arbeit mitgeteilt, dass kein Bedarf an Fachkräften bestehe ? Mich (Physiker) wollte man sogar ins Amazon-Lager schicken !
...

Mit freundlichen Grüßen

Herbert Derksen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Derksen,

vielen Dank für Ihre Anfrage hinsichtlich der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland. Gern nehme ich dazu wie folgt Stellung:

Die Union hat gemeinsam mit der SPD in der Großen Koalition mit der Novellierung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungengesetzes gemeinsam auf eine Regelung verständigt, branchenbezogene Mindestlöhne zu ermöglichen. Die Tarifpartner können - und wenn es keine Tarifverträge gibt, dann kann das auf der Grundlage des Mindestarbeitsbedingungengesetzes in einer Kommission geschehen - für die jeweilige Branche Mindestlöhne beantragen. Dieser Weg steht in der Tradition der tariflichen Autonomie, die wir seit 60 Jahren grundgesetzlich schützen. Gerade in der Wirtschaftskrise hat sich gezeigt, dass die Tarifparteien sehr wohl in der Lage sind, verantwortlich miteinander umzugehen. Jetzt - im Zuge des Aufschwungs - werden höhere Lohnabschlüsse erzielt. So werden die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte in 2011 und 2012 um jeweils 3,3 Prozent steigen.

Deshalb betone ich den Vorrang von Tarifautonomie und branchenbezogenen Mindestlöhnen.
Die Tarifautonomie hat sich in Deutschland bewährt. Mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns würden wir die Tarifautonomie gefährden.

Aufgrund der vorgenannten gesetzlichen Regelungen haben wir zwischenzeitlich in folgenden Branchen Mindestlöhne:

Bauhauptgewerbe, Maler- und Lackierhandwerk, Elektrohandwerk, Pflegebranche, Abfallwirtschaft, Gebäudereinigerhandwerk, Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft, Bergbauspezialarbeiten, Dachdeckerhandwerk.

Dazu kommen im Ergebnis der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zur SGB II-Reform Mindestlöhne für das Wach- und Sicherheitsgewerbe und für die Aus- und Weiterbildung.

Für die Zeit- und Leiharbeit wird es ab dem 01. Mai 2011 einen gesetzlichen Mindestlohn geben.

Mein Wunsch ist, dass die Möglichkeiten, die das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und das Mindestarbeitsbedingungengesetz bieten, besser genutzt werden. In der Tat könnte ich mir vorstellen, dass in weiteren Branchen branchenbezogene Mindestlöhne festgelegt werden, auch und gerade um sozialen Verwerfungen und Lohndumping zu entgegnen. Zur sozialen Marktwirtschaft gehört, dass gute Löhne für gute Arbeit gezahlt werden.

Von daher befürworte ich grundsätzlich branchenspezifische Mindestlöhne, lehne jedoch einen generellen gesetzlichen Mindestlohn ab.

Sofern Sie auf eine besonders hohe Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland verweisen, gestatten Sie mir den Hinweis, dass wir in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte verzeichnen konnten. Damit Arbeitsplätze geschaffen werden, brauchen wir Unternehmerinnen und Unternehmer mit Mut und Ideenreichtum, die sich trotz der zunehmenden Globalisierung für den Standort Ostdeutschland entscheiden. Bei der Standortfrage spielen selbstverständlich auch die Lohnkosten eine wichtige Rolle. Der sich abzeichnende Fachkräftemangel wird im übrigen dazu führen, dass die Löhne in Ostdeutschland im Kontext der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nachhaltig steigen werden. Nur so wird es möglich sein, qualifiziertes Personal zu halten bzw. zu gewinnen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Stübgen, MdB
Landesgruppenvorsitzender