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Frage von Uwe H. •

Frage an Michael Naumann von Uwe H. bezüglich Innere Sicherheit

Guten Tag, Herr Dr. Naumann,

Da die Gerichte an Mangel von Richtern und Staatsanwälten leiden, frage ich mich, warum man nicht Jurastudenten, die bereits ein Teil ihrer Ausbildung erfolgreich bestanden haben, für einfache Gerichtsverfahren wie private Rechtsstreitereien o. ä. einsetzen kann. Die Studenten hätten damit ein großes Übungsfeld und die hauptamtlichen Richter hätten endlich mehr Zeit für die wichtigen Fälle. Dieses als Denkanstoß, wie so etwas drchzuführen ist, könnte man doch mal durchdiskutieren?

mfG
U: Horstmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Horstmann,

die nach Aussagen des Deutschen Richterbundes große Zahl fehlender Richter und Staatsanwälte in unserem Lande einerseits und die Flut der Jura-Studenten andererseits mögen einen dazu veranlassen, über "günstigere" Rechtsprechungs- und Strafverfolgungsalternativen nachzudenken. Und in Ansätzen gibt es so etwas auch tatsächlich: Laut Gesetz können Amtsanwälte, in der Regel sind das Beamte des gehobenen Dienstes oder Rechtsreferendare, das Amt der Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht - und nur hier - für Fälle "leichterer" Kriminalität übernehmen. Die Amtsanwälte müssen, anders als Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, nicht die Befähigung zum Richteramt besitzen, also auch keine voll ausgebildeten Juristen sein.

Richterinnen und Richter kann man allerdings nicht auf diese oder ähnliche Art und Weise ersetzen - und das sollte man nach meiner Überzeugung auch nicht können. Das deutsche Richtergesetz sieht aus gutem Grund vor, dass die Befähigung zum Richteramt nur erwirbt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium mit der ersten Prüfung und ein anschließendes Referendariat mit der zweiten Staatsprüfung abschließt. Damit jedermann vor dem Gesetz wirklich Gehör findet - wie es das Grundgesetz in Art. 103 I GG vorsieht - muss nämlich für eine Mindestqualifikation der Richterinnen und Richter Sorge getragen sein. Auch muss zum Schutz des rechtsuchenden Bürgers gewährleistet sein, dass die Richterinnen und Richter frei von äußerlichen Einflüssen Recht sprechen. Entsprechende, die Unabhängigkeit sichernde Privilegien (Weisungsfreiheit, Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit) kann man aber nicht Studenten zubilligen, bei denen unklar ist, ob sie überhaupt ihr Studium abschließen werden. Die Arbeit von Richterinnen und Richtern sollte also in der Hand gut qualifizierter Volljuristen bleiben - so viel sollte uns unser Rechtsstaat wert sein.

Viele Grüße,

Michael Naumann