Was ist ihre Meinung zum Rechtsruck in Osteuropa Polen, Ungarn und Co und wie soll sich die Bundesrepublik zu den eben genannten Ländern verhalten?
Sehr geehrter Herr Burkan,
die Entwicklung in Polen und Ungarn sehen wir Grüne natürlich mit großer Sorge. Insbesondere ist es besorgniserregend, wenn in den genannten Ländern die Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt wird (Stichwort: Justizreform in Polen, Pressegesetze in Ungarn). Wir und ich ganz besonders wollen einen verbindlichen europäischen Grundkonsens für Werte und Rechtstaatlichkeit.
Wir Grüne wollen einen EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte einführen, um Verstöße autoritärer Mitgliedstaaten zu sanktionieren. Aus dem jährlichen Rechtsstaatlichkeitsbericht sollen konkrete Maßnahmen bis hin zu Vertragsverletzungsverfahren und der Nichtauszahlung von Subventionen folgen. Der neu geschaffene Rechtsstaatsmechanismus muss sofort zum Einsatz kommen. Kommunen und Regionen sowie Nichtregierungsorganisationen sollen dann direkt von der EU gefördert werden können, damit nicht Unschuldige unter solchen Subventionskürzungen leiden. Bei den Artikel-7-Verfahren zur
Rechtsstaatlichkeit braucht es substanzielle Fortschritte. Alle Mitgliedstaaten sollen sich der Europäischen Staatsanwaltschaft anschließen, wenn sie neue EU-Gelder erhalten wollen und öffentlich Rechenschaft über die Empfänger*innen von Subventionen ablegen.
Ich glaube, dass man damit schon Staaten zum Einlenken bewegen kann. In der jüngsten Auseinandersetzung mit der polnischen Regierung hat der europäische Gerichtshof einige substantielle Fortschritte erreichen können.
Ich hoffe, damit Ihre Frage beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kunte