Frage an Michael Kauch von Till S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Kausch,
ich bin bestürzt über die Absicht der Bundesregierung, Tornado-Kampflugzeuge nach Afghanistan zu schicken. Es wird behauptet, dass diese Einsätze lediglich der "Aufklärung" dienten. Klar ist jedoch,
- dass eine Frühjahrsoffensive der NATO bevorsteht und es offensichtlich ist, dass Deutschland mit dem Einsatz der Tornado-Kampfflugzeuge die Kriegshandlungen der NATO unmittelbar unterstützt (was die Lieferung von Angriffszielen mit einschließt),
- dass die NATO mit ihrer Kriegsstrategie den bewaffneten Widerstand im Land anheizt,
- dass Deutschland mit dem Einsatz der Tornados in Afghanistan den bisherigen Weg des gemäßigten militärischenen Vorgehens im Norden Afghanistans (im Rahmen von ISAF) vollends verlässt und sich an den blutigen Kämpfen im Süden und Osten des Landes beteiligt,
- dass Deutschland, das bisher schon mit Elitekampftruppen (KSK) an der sog. Antiterror-Operation der USA "Enduring Freedom" in Afghanistan beteiligt ist, endgültig und für alle Afghanen sichtbar Kriegspartei wird und entsprechende Gegenreaktionen heraufbeschwört.
Der vor mehr als fünf Jahren begonnene Krieg in Afghanistan weist bis heute keinen nennenswerten Erfolg auf. Im Gegenteil, die Ablehnung gegen die Besatzer und die Bereitschaft zum bewaffneten Kampf steigt. Eine Unterscheidung zwischen der NATO-geführten Stabilisierungstruppe (ISAF) und den mit den USA verbundenen Truppen ist nicht möglich. Die Anforderungen der NATO nach einer größeren Truppenpräsenz im Süden unterstreicht die verfahrene Lage. Der größte Teil der ländlichen Bevölkerung lebt im Elend und die zivile Aufbauhilfe tritt auf der Stelle: Während Deutschland jährlich 460 Mio. Euro für das Militär ausgibt, gehen in die Entwicklungshilfe lediglich 80 Mio. Euro. Ich möchte von Ihnen wissen, ob Sie Ihre bisherige Zustimmung zum Afghanistan-Einsatz angesichts dieser Fakten überdenken wollen.
Mit freundlichen Grüßen
T. Strucksberg
Sehr geehrter Herr Strucksberg,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Herr Kauch wird sich zu dem Tornado-Einsatz in Afghanistan erst nach der Vorlage des Antrags der Bundesregierung und der Diskussion in der Fraktion positionieren.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Volker Krah
Sehr geehrter Herr Strucksberg,
inzwischen hat die Diskussion in der Fraktion und die Abstimmung im Bundestag stattgefunden. Herr Kauch hat entgegen der Linie der Fraktion gegen den Einsatz gestimmt, da er eine weitere Eskalation des Konflikts darstellt, ohne dass erkennbar ist, wie man den Afghanistan-Einsatz langfristig erfolgreich abschließen kann.
Die deutsche Verantwortung erhält durch die Stationierung der Tornado-Flugzeuge zweifelsohne eine neue Qualität. Daher ist sicher keinem Mitglied der FDP-Fraktion die Entscheidung, für oder gegen den Einsatz zu stimmen, leicht gefallen. Es gab unterschiedliche Argumente abzuwägen. Für den Einsatz spricht, dass Deutschland mit seiner Teilnahme an der International Security Assistance Force (ISAF) eine Gesamtverantwortung für die Wiederaufbaubemühungen in Afghanistan übernommen hat. Allerdings haben diese Bemühungen trotz mancher beeindruckender Leistungen noch nicht zu einem breiten Erfolg geführt und es besteht die Gefahr, dass eine Ausweitung des Einsatzes der Konflikt weiter angeheizt wird.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Volker Krah