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Frage von sigrid a. •

Frage an Michael Kauch von sigrid a. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kauch,

nachdem ich die Quellen zu meinen Aussagen in der - hier zunächst nicht wiedergegebenen - ursprünglichen Frage gemailt habe, stelle ich sie wie vorgeschrieben erneut. Ich hoffe, dass sie diesmal einer Beantwortung wert ist.

Vor beinahe drei Monaten begannen im Iran mutige Proteste zahlreicher Bürger gegen offensichtlich gefälschte Wahlergebnisse, die nach den extralegalen Unterdrückungsversuchen durch die Regierung Ahmadinejad langsam abzuklingen scheinen.

Darunter fiel dutzendweiser Totschlag auf offener Straße durch Milizen, Folterungen und Vergewaltigungen willkürlich verhafteter meist jugendlicher Protestierender und Schauprozesse gegen politische Prominenz, Pressezensur u.a.m. Bei Verhaftungen und massenhaftem Hausfriedensbruch nutzten Polizei, Milizen und Paramilitärs ein vom deutsch-finnischen Unternehmen Nokia-Siemens-Networks (NSN) geliefertes Überwachungssystem, mit dem man Kommunikationsinhalte, Absender, Empfänger und Bewegungsbilder bei VoiP-Anrufen und Handynachrichten herausfiltern kann. NSN hat diese "Paketlösung" beim staatliche Unternehmen "Telecommunications of Iran" installiert.

Wie würden Sie auf das Argument reagieren, Arbeitsplätze gingen bei einem Lieferstopp in den Iran verloren, wenn Technologie zum Ausspähen der demokratischen Opposition genutzt wird, die für freie Wahlen, Einhaltung der Menschenrechte und Orientierung an der innerhalb eines Landes gültigen Verfassung eintritt - so wie es beim Iran aktuell der Fall ist?

Für eine präzise Antwort - bezogen auf den Fall NSN / Iran - dankt Ihnen

Sigrid Asamoah

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Asamoah,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 8. September. Die Forderung, deutschen oder europäischen Unternehmen wie Nokia, Siemens usw. die Lieferung von Technologie an den Iran zu verbieten, die zur Unterdrückung der Opposition eingesetzt werden kann, ist von ihrer Intention her richtig. Jedoch muss man sich beispielsweise bei Telefonanlagen vergegenwärtigen, dass es sich bei den in der Kritik stehenden Abhörfunktionen, die iranischen Sicherheitskräfte zur Kontrolle missbrauchen, um standardisierte Baukomponenten handelt, die in jeder Telefonanlage vorhanden sind. Sie dienen grundsätzlich der Prüfung der Funktionsfähigkeit der Anlage. Dass die iranischen Sicherheitskräfte diese Funktion zweckentfremden, um ihre Landsleute abzuhören, kann nicht den Herstellern angelastet werden. Die Alternative wäre, dem Iran überhaupt keine Telekommunikationstechnik zu verkaufen. Angesichts der überragenden Bedeutung dieser Technik für die Zivilbevölkerung und auch die Opposition kann dies jedoch nicht der richtige Weg sein.

Die deutsche und europäische Politik steht bei ihrem Umgang mit dem Iran vor der schwierigen Aufgabe, einerseits klare Worte der Kritik für das repressive Vorgehen der iranischen Führung zu finden und andererseits bei innenpolitischen Auseinandersetzungen im Iran nicht zu stark in Erscheinung zu treten. Sonst wird das Regime versuchen, die Opposition als vom Ausland gesteuert darzustellen und so politisch zu diskreditieren.

Deutschland muss sich bei weiterhin gemeinsam mit den europäischen und internationalen Partnern für die Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte einsetzen. Wirtschaftliche Sanktionen sind dabei nur sinnvoll, wenn sie sich gezielt gegen Einrichtungen des Regimes sowie der Sicherheitskräfte und des Militärs richten. Sanktionen, die die Bevölkerung in Mitleidenschaft ziehen, sind nicht zielführend. Ferner ist unabdingbar, dass eine Verschärfung der bestehenden Sanktionen nur in internationalem Rahmen geschehen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Kauch