Frage an Michael Gwosdz von Andreas K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Gwosdz,
seit längerem beschäftigt mich die Frage, warum Lehrer an Grund-, Haupt- und Realschulen von der Stadt Hamburg (dies geschieht leider auch in anderen Bundesländern) schlechter entlohnt werden als Gymnasial- und Berufsschullehrer (als auch, sofern ich mich nicht irre, Sonderschullehrer). Dies suggeriert, GHR-Lehrer würden schlechtere Arbeit entrichten (was ich persönlich eher bezweifle) oder/und ihre Ausbildung sei kürzer. Wäre sie kürzer, könnte ich es noch ein wenig nachvollziehen, aber de facto ist die Ausbildungszeit gleich und der Ausbildungsinhalt nicht leichter. Ich bin selber kein GHR-Lehrer, empfinde die Art der Bezahlung aber dennoch als ungerecht.
Können Sie mir sagen, warum die Entlohnung unterschiedlich ist?
Ich hatte bereits zwei Ihrer Kollegen aus der CDU-Fraktion diese Frage gestellt, aber leider keine Antwort erhalten. Ich hoffe bei Ihnen mehr Glück zu haben.
Schöne Grüße
A. Kegel
Sehr geehrter Herr Kegel,
entschuldigen Sie, wenn die Antwort etwas länger gedauert hat, allerdings hat mich Ihre Frage veranlasst, nach zu sehen, ob ich eigentlich die historische Entscheidung für diese unterschiedliche Entlohnung finde. Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen, doch möchte ich Sie nicht länger auf eine Antwort warten lassen.
Vorweg schicken möchte ich, dass die schlechtere Bezahlung von Lehrkräften an Grund-, Haupt- und Realschulen nicht nur in Hamburg, sondern auch in den anderen Bundesländern üblich ist.
Grundsätzlich begründet sich die Einstufung in unterschiedliche Besoldungsgruppen tatsächlich durch die zumeist kürzere Studiendauer für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen. Historisch gesehen war die Ausbildung für das Grundschullehramt mit Einführung der Grundschule 1920 immer eine kürzere und galt als fachlich schlechtere. So mussten die früheren Volksschullehrer nicht einmal Abitur haben, sie studierten auch nicht, sondern wurden an Lehrerseminaren ausgebildet. In Baden-Württemberg findet das Studium für das Grundschullehramt sogar noch heute an "Pädagogischen Hochschulen" statt, die nicht einer Universität gleichgestellt sind und erst seit 2005 z.B. Habilitationsrecht besitzen. Insofern ist der formale Stellenwert tatsächlich geringer, auch die Dauer des Studiums für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen ist üblicherweise um ein Jahr oder mehr kürzer. Selbst nach der 2006 begonnenen Reform der Lehrerausbildung in Hamburg wird das Studium für das Lehramt der Primarstufe und Sekundarstufe I ein Semester kürzer sein, als das Lehramt an Gymnasien. Dementsprechend werden Lehrer der Grundschule auch weiterhin in die Laufbahn des gehobenen Dienstes eingestuft, während für Gymnasiallehrkräfte die Laufbahn des höheren Dienstes vorgesehen ist.
Tatsächlich kann ich aber nachvollziehen, dass Sie diese unterschiedliche Behandlung für ungerecht empfinden. Da wir inzwischen wissen, dass die frühe kindliche Erziehung und Bildung maßgeblich für den späteren Bildungserfolg ist, ist nicht nachzuvollziehen, dass es hier unterschiedliche Studiendauer und eine unterschiedliche Besoldung gibt. Insofern haben CDU und GAL als ersten Schritt vereinbart, die Studiendauer in allen Lehramtsstudiengängen gleich lang zu organisieren. Dies betrachten wir als Schritt zur Qualitätssicherung. Auf eine gleichwertige Besoldung konnten wir uns jedoch noch nicht einigen. Perspektivisch halte ich persönlich diesen Schritt jedoch für notwendig.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Gwosdz