Frage an Michael Fuchs von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs!
Ich danke Ihnen für Ihre am 30.12.08 erfolgte Antwort auf meine am 11.12.08 gestellte Frage. Gestatten Sie mir bitte einen Ihrer Gedanken auf zu greifen, Zitat Dr. M. Fuchs:
"Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz spricht allen Deutschen das (Grund-)Recht zu, "sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln". Die Betonung bei diesem völlig legitimen Versammlungsrecht liegt dabei auf dem Begriff friedlich. Kommt es im Verlauf einer Versammlung zu Gewalttätigkeiten von Einzelnen oder Gruppen, so lehne ich diese in aller Schärfe ab, ganz egal welcher politischer Couleur." http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_michael_fuchs-650-6035-4.html#frage156387
Ich kann Ihre Ablehnung der besagten Gewaltätigkeiten nachvollziehen, gebe aber deutlich zu bedenken, dass eine Ablehnung der Gewalt hier (und anderswo) auch sinnvolle und effeziente Konsequenzen zeigen muss.
Leider vermisse ich in Ihrer amsonsten durchdachten Stellungsnahme eine befriedigende Analyse der Ursachen für Protest und die diesen Protest vereinnahmende Gewalt weniger. M.E. wird die Ächtung der Gewalt nicht ausreichen oder diese Analyse erstzten. Erlauben Sie mir dazu folgende Fragen:
Frage 1:
Hat der deutsche Staat, konkret Inneminister Schäuble nicht schon im Vorfeld des G-8 Treffen von Heiligendamm durch die gewählte Strategie der Sicherheitspolitik zu einer möglicherweise vermeidbaren Polarisierung beigetragen?
Frage 2:
Könnte der Protest und seine Eskalation von Heiligendamm nicht auf Defizite unserer politischen Kultur weisen, die einem friedlichen demokratischen Diskurs und einer effizienten politischen Arbeit mit solchen wertvollen Qualitäten wenig Raum lassen?
Frage 3:
Können Sie verstehen, dass besonders jüngere Menschen angesichts des Versagens der Politik zu globalen Themen wie Ökologie, fairer Weltwirtschaft, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Sicherung der Zukunft aller Erdenbewohner resignieren oder radikalisieren können?
Mit freundlichen Grüßen, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
aufmerksam habe ich Ihren neuerlichen Beitrag vom 2. April gelesen. Ein wesentliches Element unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist das Recht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit. Nach Art. 8 Grundgesetz ist es allen Bürgern gestattet, sich „ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“. Daran besteht grundsätzlich auch kein Zweifel, denn man kann und soll ruhig anderer Meinung sein. Das diese unterschiedliche Meinung dann friedlich zum Ausdruck gebracht werden kann unterscheidet das Wesen der Demokratie von der einer Diktatur.
Am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm kam es zu massiven gewalttätigen
Ausschreitungen. Militante Autonome aus dem so genannten „Schwarzen Block“ nutzten unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit die bis dahin friedlich verlaufende Demonstration, um mit Steinen, Flaschen und Molotow-Cocktails auf die Sicherheitskräfte loszugehen. Dabei wurden mehrere hundert Personen verletzt, über 20 von ihnen schwer, darunter auch zwei Polizeibeamte. Bei allem Respekt vor Ihren Fragen habe ich für solche Gewaltausbrüche und die begangenen Straftaten keinerlei
Verständnis. Meiner Ansicht nach sind dies keine Demonstranten, die sich aktiv für eine bestimmte Meinung aussprechen. Es sind gewaltbereite Personen, die es bewusst „auf Krawall“ anlegen. Dabei nehmen sie ganz selbstverständlich in Kauf, junge Polizeibeamtinnen und -beamte zu verletzen, die im Diensteinsatz ihre Gesundheit und ihr Leben riskieren für die Wahrung der Ordnung und Sicherheit eines Gipfeltreffens
demokratisch gewählter Regierungschefs. Wer direkt oder indirekt zu Gewalt aufruft oder sich daran beteiligt, hat in meinen Augen den Sinn einer Demonstration nicht verstanden. Wer solch gewaltbereite Personen – ganz gleich welcher politischer Couleur – verharmlost und die Maßnahmen der Polizei in Frage stellt, begibt sich leicht in die Nähe der Spirale der Gewalt.
Die überwiegend friedlich verlaufenden Demonstrationen zeigen, dass es auch ohne Gewalt möglich ist, auf eine konträre Meinung aufmerksam zu machen. Dazu bedarf es weder Steine noch Brandsätze.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Fuchs MdB