Frage an Michael Fuchs von Hartmut Frank M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,
ich bin Bäcker von Beruf und bin zu einem kleinen Cafe gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde. Da das im österreichischen Pongau ist, möchte ich nicht darüber schreiben.
Es geht mir um was anderes: Nämlich um die Machenschaften die Herr Walraff bei einer Brötchenfabrik gemacht hat.
Ich darf Ihnen zusichern, dass das keine Ausnahme ist. Die Mehrzahl der Backshops und der Brötchenfabriken usw. arbeiten unter solchen Bedinungen:
Schlechte Bezahlung, Missachtung der Arbeitnehmerrechte, billigste Produktion. Das verdirbt den Handwerksbäckereien das Geschäft. Weil man eben nicht Qualität liefern kann und gleichzeitig mega-billig sein kann. In Österreich sind diese Fabriken auch einem Tarifvertrag verpflichtet. Da dort die Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden.
Warum sehen Sie nicht, dass "billig" die Chancen der fairen marktwirtschaftlichen Betriebe, gerade im Handwerk, gefährten?
Warum werden solche Großbetriebe seltener vom Wirtschaftskontrolldienst besucht?
Solche Umstände sind eine Wettbewerbsverzerrung. Warum weigern Sie sich beim Thema Mindestlohn derart? Zumal es nicht in jeder Branche Tarifverträge gibt.
Sogar viele Arbeitgeber fordern das.
Sollten wir in Zulunft auf die Handwerksbäckerei verzichten?
Wir sind dabei dies zu tun!
Haben Sie schon gehört, dass sich auch Friedrich Merz für Mindestlöhne ausgesprochen hat?
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Frank Mueller
Sehr geehrter Herr Mueller,
ich kann Ihre Verärgerung über die schlechten Arbeitsbedingungen bei den großen Brötchenfabriken gut verstehen. Der Arbeitsalltag, den Günter Wallraff in seiner Enthüllungs-Reportage darstellt, ist menschenunwürdig und darf unter keinen Umständen zum Regelfall werden. Handwerksbäckereien haben eine lange Tradition. Mit ihr zu brechen wäre für die Perspektive des Mittelstandes nicht förderlich. In rund 887.000 Betrieben arbeiten knapp 5 Millionen Menschen, fast 500.000 Auszubildende werden im Handwerk ausgebildet. Somit sind zurzeit noch 12,8 % aller Erwerbstätigen und rund 31 % aller Auszubildenden in Deutschland im Handwerk tätig.
Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst im Bäckerhandwerk liegt in Deutschland zur Zeit bei 11,41 Euro und damit über allen bisher gestellten Forderungen seitens der Gewerkschaften, der SPD, Bündnis 90/Grüne und sogar der Linken. Sie sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Daran sieht man, dass die Politik hier nicht eingreifen muss, sondern dass die Chancen fairer marktwirtschaftlicher Betriebe keinesfalls gefährdet sind.
Daher spreche ich mich ganz klar für die Förderung von Handwerksbäckereien wie auch von Handwerksbetrieben allgemein aus, einen gesetzlichen Mindestlohn halte ich jedoch für das falsche Signal an die Unternehmen. Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze – das hat der Fall der Post leider sehr deutlich gezeigt, eine Verzerrung des Wettbewerbes zulasten der Arbeitnehmer werden wir nicht zulassen. Zudem möchte ich noch einmal betonen: Lohnfindung ist Aufgabe der Tarifvertragsparteien und nicht Sache des Staates oder der Politik. In den Fällen, wo es durch die Entsendung ausländischer Arbeitnehmer zu sozialen Verwerfungen kommt, bietet das bestehende Arbeitnehmerentsendegesetz den Arbeitnehmern den richtigen Schutz.
Mit freundlichencGrüßen
Dr. Michael Fuchs MdB