Frage an Michael Fuchs von Andreas T. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Herr Fuchs, wieviel privates Vermögen hat der Bund noch? Was ist da in den letzten Jahren verscherbelt worden? Ist überhaupt noch etwas übrig?
Sehr geehrter Herr Tümmler,
nachfolgend gebe ich Ihnen den Überblick über die Lage des Bundeshaushaltes, insbesondere zum Privatvermögen:
Im Haushalt 2005 wurden Privatisierungserlöse in Höhe von 17,2 Mrd. EUR veranschlagt. Darüber hinaus hat der Bundesfinanzminister Einnahmen aus der Veräußerung von Postpensionsforderungen in Höhe von 5,45 Mrd. EUR eingeplant. D.h. der Haushalt 2005 wurde auf der Basis von Rekordprivatisierungseinnahmen von insgesamt 22,6 Mrd. EUR auf gestellt.
Wie am 1. Juni 2005 bekannt wurde, ist die Veräußerung der Pensionsverpflichtungen der Post-Nachfolgeunternehmen inzwischen geregelt. Der Bundes-Pensions-Service für Post und Telekom plant Anleihen über insgesamt 6 Mrd. EUR. Damit können die diesjährigen Pensionsverpflichtungen gegenüber den ehemaligen Postbeamten vollständig bedient werden.
Die übrigen Privatisierungseinnahmen von 17,2 Mrd. EUR können voraussichtlich ohne größere Probleme realisiert werden. Das liegt insbesondere an der vorzeitigen Rückzahlung von Krediten durch Russland (rd. 5 Mrd. EUR) und Polen (rd. 2 Mrd. EUR), die zu außerordentlichen Einnahmen im Bundeshaushalt von rd. 7 Mrd. EUR führen. Darüber hinaus ist geplant, das sich auf 1,7 Mrd. EUR belaufende Treuhandvermögen im Bundeshaushalt zu vereinnahmen. Diese Mittel hat der Bund derzeit für die Zwischenfinanzierung der Postbeamtenversorgungskasse eingesetzt.
Ursprünglich hatte Eichel geplant, im Zuge der Übertragung des ERP-Sondervermögens auf die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 2 Mrd. EUR an den Bundeshaushalt abzuführen. Zu dieser Transaktion wird es nicht mehr kommen. Der entsprechende Gesetzentwurf war wegen Streitigkeiten zwischen dem Bundesfinanzministerium und dem Auswärtigen Amt über die Einbeziehung der USA in den Entscheidungsprozess auf Eis gelegt worden. Die sich hieraus ergebende Lücke muss nun durch andere Privatisierungseinnahmen bzw. eine Erhöhung der NKA gedeckt werden.
Insgesamt sind aus heutiger Sicht knapp. 9 Mrd. EUR an Privatisierungseinnahmen für den Bundeshaushalt nahezu sicher. Die restlichen rd. 8 Mrd. EUR (Differenz zu 17,2 Mrd. EUR) könnte die Regierung über Anteilsverkäufe an Post und Telekom realisieren mittels weiterer Platzhaltergeschäfte mit der KfW. Dies erscheint durchaus realistisch.
Die Mobilisierung darüber hinausgehender Privatisierungseinnahmen, etwa zur Schließung der aktuellen Haushaltslücke, wie von Eichel angekündigt, ist dagegen höchst fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass sich Eichel der im Umfang von rd. 19 Mrd. EUR reichlich vorhandenen Restkreditermächtigungen bedient und die NKA entsprechend erhöht.
Für den Haushalt 2006, den die Regierung im Kabinett "besprochen" hat, muss Hans Eichel angesichts eines strukturellen Defizits von rd. 56 Mrd. EUR (vorsichtig geschätzt!) Privatisierungseinnahmen von deutlich über 30 Mrd. EUR veranschlagen, um einen (wohlgemerkt nur auf dem Papier) verfassungskonformen Haushalt aufstellen zu können. Angesichts der insbesondere nach 2005 stark abgeschmolzenen Vermögensreserven des Bundes ist eine erneute Mobilisierung von Privatisierungserlösen in diesem Rekordumfang so gut wie ausgeschlossen
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Michael Fuchs MdB