Frage an Michael Fuchs von Hanns S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Fuchs,
der Spiegel berichtet, Sie planten einen Anschlag auf unsere Verfassung, sie wollten "schnell eingreifen" um der GDL ihr grundgesetzlich geschütztes Recht aus Art. 9 Abs. 3 GG zu nehmen. Sie werden mit den Worten "wir wollen keine Spartentarifverträge" zitiert. Können Sie an dieser Stelle dementieren, dass sie solche offensichtlich verfassungswidrigen Pläne geäußert haben? Es muss sich doch wohl um eine Falschmeldung handeln, da die Koalitionsfreiheit sicher auch Ihrer Ansicht nach dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben muss, sich selbst auszusuchen, in welcher Gewerkschaft er sich organisiert um seine Gehaltsforderungen bestmöglich durchzusetzen. Außerdem kann ich nicht glauben, dass Sie solche Anstrengungen unternehmen wollen, um dem SPD-Mann Hansen von der TRansnet eine Monopolstellung zu sichern, selbst wenn der sehr arbeitnehmerfreundliche und eher lasche Verhandlungen zu Lasten insbesondere der Lokführer geführt hat. Aber dass sich ein CDU-Politiker massiv für eine (verfassungswidrige!) Monopolstellung der DGB-Gewerkschaften einsetzt, obwohl der DGB ja 1998 mit der Kampagne "Deine Stimme für Arbeit und soziale Gerechtigkeit" der SPD-Wahlkampfhilfe gegeben hat, das muss doch wohl eine Falschmeldung sein?!
Können Sie hier bitte Ihre Position klarstellen und ggf. erläutern, wie es zu dem offenbaren Missverständnis im Spiegel kommen konnte? Danke!
Sehr geehrter Herr Schmidt,
im Streit zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Bahn sollten beide Parteien dringend wieder an den runden Tisch zurückkommen und neu verhandeln. Das aktuelle Gesprächsangebot von Frau Sukale begrüße ich daher ausdrücklich und hoffe sehr, dass die GDL dieses Angebot annimmt. Erneute flächendeckende Streiks im Güterverkehr durch die GDL bedeuten einen großen Schaden für die deutsche Wirtschaft. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat Berechnungen vorgelegt und den gegenwärtigen Schaden durch die Streiks mit 74 Mio. Euro beziffert. Dies belastet den Aufschwung massiv. Daher sollten beide Seiten - also auch die GDL - ein Interesse daran haben, die gegenwärtig gute Konjunktur in Deutschland durch Arbeitsniederlegungen nicht weiter zu gefährden. Darüber hinaus dürfte auch die Geduld der zahlreichen Berufspendler nicht mehr allzu belastbar sein.
Zu meiner Äußerung möchte ich folgendes erläutern: Das Bundesarbeitsgericht hat bereits seit 1957 in Auseinandersetzungen immer wieder betont, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit in einem Betrieb immer nur ein Tarifvertrag gilt, im Zweifel derjenige Vertrag, der die gesamte Belegschaft umfasst. Ohne die Tarifeinheit, nach der in einem Betrieb grundsätzlich nur ein Tarifvertrag angewendet wird, drohen nicht nur unlösbare praktische Probleme. Dies würde zudem bedeuten, dass die Friedensfunktion eines Flächentarifvertrages und damit die Grundlage der Tarifautonomie in Frage gestellt werden. Ein Unternehmen muss sich darauf verlassen können, dass innerhalb der Laufzeit eines Tarifvertrages keine weiteren Tarifforderungen gestellt werden oder Arbeitskämpfe drohen. Daher spreche ich mich klar für den Grundsatz aus: ein Betrieb – ein Tarifvertrag.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Fuchs MdB