Frage an Michael Fuchs von Andreas K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,
ich habe eine Frage bezüglich der CDU-Politik im Bereich Mindestlohn.
Derzeit haben wir das Problem, dass viele Unternehmen absichtlich auf Kosten des Staates Menschen einstellen. Anstelle ihnen ein Gehalt zu bezahlen, welches ihnen erlaubt, damit zu leben, geben sie ihnen absichtlich so wenig Geld, dass der Staat einspringen muss, damit sie ihr Lebensunterhalt bestreiten können. Meines Erachtens wird dadurch Steuergelder mißbraucht und die Arbeitgeber drücken sich zudem vor ihrer Verantwortung, für geleistete Arbeit ein vernünfitiges Gehalt zu zahlen, denn Vaterstaat wird den Ausgleich ja schon zahlen.
Die CDU\CSU hat sich sehr deutlich gegen den Mindestlohn positioniert. Daher würde ich gerne von Ihnen wissen, was die Meinung der CDU\CSU bezüglich des obigen beschriebenen Problems tun will. Bitte beantworten Sie mir folgende Fragen:
Hält die CDU\CSU eine solche Praxis für in Ordnung? Wenn ja, warum? Wenn nicht, was will die CDU\CSU dagegen tun?
Mit freundlichen Grüßen
A. Kegel
Sehr geehrter Herr Kegel,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Mindest- und Kombilohn. Es ist richtig, dass sich die CDU deutlich gegen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, wie SPD und Gewerkschaften ihn fordern, ausgesprochen hat, da er den vielen unterschiedlichen Branchen und Regionen in Deutschland nicht gerecht wird. Er würde die Tarifpartner aus ihrer im Grundgesetz verankerten Verantwortung entlassen. Tarifautonomie ist in unserer Rechtsordnung ein hohes Gut. Tarifautonomie ist aber auch die Freiheit nicht an Tarifverträge gebunden zu sein und im Dialog passgenaue Lösungen für jeden einzelnen Betrieb finden zu können. Dumpinglöhne sind aber schon nach geltendem Recht sittenwidrig und Lohnwucher ist sogar strafbar. Die Rechtssprechung geht von einer Sittenwidrigkeit aus, wenn die Löhne ein Drittel unter den Tariflöhnen bzw. regional üblichen Löhnen liegen.
Die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns würde zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen. Das gilt vor allem für die Beschäftigungsmöglichkeiten von Geringqualifizierten, die aufgrund mangelnder Ausbildung oder persönlicher Einschränkungen eine besonders schwere Stellung auf dem Arbeitsmarkt haben. Schon jetzt nennen die Unternehmen die vergleichsweise hohen Arbeitskosten für Einfachtätigkeiten als den wichtigsten Grund, warum sie keine Arbeitsplätze für Geringqualifizierte anbieten. Ein Mindestlohn, wie Sie ihn fordern, könnte sich in vielen Fällen sogar als kontraproduktiv erweisen.
Auch Arbeit hat einen Preis, der sich entsprechend der Produktivität am Markt bilden muss. Es wäre volkswirtschaftlich falsch, dieses wichtige Preissignal aufzuheben. Reicht der Lohn für ein Existenz sicherndes Einkommen nicht aus, ist der Staat gefordert, die Differenz über Transferleistungen auszugleichen.
Wir wollen den hiervon Betroffenen mit Kombilöhnen eine Chance für den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt geben. Es macht doch mehr Sinn, Geringqualifizierten oder Langzeitarbeitslosen einen Lohnzuschuss zu geben, als sie mit ALG II nach Hause zu schicken. Im Idealfall kosten Kombilohnarbeitsplätze den Staat sogar weniger. Es gibt keine belastbaren Hinweise, dass Arbeitgeber die Löhne ihrer Beschäftigten bewusst drücken, um sich zum Nachteil des Staates zu entlasten. Im Gegenteil haben Arbeitnehmer häufig ein Interesse daran, bestimmte Einkommensschwellen (z.B. Minijobs, ALG II) nicht zu überschreiten, auch um andere staatliche Vorteile nicht zu verlieren. Fast die Hälfte (420.000) der 1 Million sogenannten Aufstocker (Personen, die sowohl Lohn als auch ALG II beziehen) verdient mit einem Mini-Job etwas hinzu. Nur 47.000 Aufstocker sind wahrscheinlich von einem Niedriglohnproblem betroffen. Bedürftigkeit resultiert also zu einem nicht unerheblichen Teil aus geringer Arbeitszeit („Teilzeitfalle“).
Ich hoffe, Ihnen unseren Standpunkt verdeutlicht zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Fuchs MdB