Frage an Michael Fuchs von christian h. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Fuchs,
in der heutigen Pressemeldung (28.02.07) zum nationalen Bürokratieabbauziel reden Sie davon, dass ein konkretes Abbauziel für jedes Bundesressort festgesetzt wird. Meines Wissens sind die Ressorts aber nicht der Gesetzgeber, sondern dies ist vornehme Aufgabe des Deutschen Bundestages. Wie kann aber die Regierung geschweige denn ein Ministerium Bürokratie abbauen? Welche Rolle hat Ihrer Auffassung dann noch der Bundestag?
Ihre Ansicht ignoriert daneben völlig, dass die Wirtschaft bereits jetzt massiv an der Gesetzgebung beteiligt ist, sei es durch eingeschleuste Mitarbeiter in den Ministerien (Fernsehberichterstattung; nun Prüfung durch den Bundesrechnungshof) oder über die Lobbyarbeit in Berlin und Brüssel. Viel Bürokratie geht auch gerade von der Wirtschaft aus, die aus Gründen des Wettbewerbsschutzes bürokratische Vorgaben einforden oder gezielt den Abbau von Bürokratie verhindern? Erinnern Sie sich noch, wer vehement der Abschaffung des Gaststättengesetzes widersprochen hat? Waren dies die Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums? Ich glaube nicht. Die Statistik beschafft der Wirtschaft auch Daten, die diese dann im Rahmen der Markterhebung gar nicht mehr erforschen muss. Bürokratieabbau ist wichtig, diese kann aber nur gelingen, wenn die Frösche bei den Wirtschaftsverbänden, die einen Großteil der Bürokratie fordern und auch über Lobbyarbeit in die Gesetze hereingebracht haben, mitmachen.
Gruß C. Hajunk
Sehr geehrter Herr Hajunk,
vielen Dank für Ihre Email vom 28.02.07 zum Thema Bürokratieabbau.
Der Normenkontrollrat, der als Kontrollgremium ohne Vetorecht mit Empfehlungscharakter in das Gesetzesgebungsverfahren zwischengeschaltet ist, überprüft zunächst einmal alle Regierungsentwürfe der Bundesregierung (siehe Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates). Doch auch alle existierenden Gesetze, die bereits im Bundesgesetzblatt stehen und von der Exekutive ausgeübt werden, wird er nach und nach überprüfen.
Diese beiden Bereiche haben allein etwas mit der Exekutive zu tun.
Sie fragen nach dem Selbstverständnis des Bundestages: Es ist in der Praxis so, dass über 80% der Gesetze, die erarbeitet werden, Gesetze der Bundesregierung sind. Der Rest sind Gesetze des Bundesrates. Nur ganz wenige Gesetze werden direkt aus der „Mitte des Bundestages“ eingebracht (Art. 76 Grundgesetz). Der Bundestag, d.h. die einzelnen Fraktionen, haben einfach nicht die Manpower, wie ein Bundesministerium, ganze Gesetzesentwürfe zu schreiben.
Im Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates ist eine Überprüfungsbefugnis des NKR zu Gesetzentwürfen der Fraktionen (also aus dem Bundestag) nicht vorgesehen. Das haben wir bedauert, da wir gerne die Überprüfungsbefugnis des NKR auf Bundesregierung aber auch auf Bundestag und Bundesrat ausgeweitet gesehen hätten. Doch da gab es Widerstand seitens unseres Koalitionspartners. Gleichwohl bleibt es den Fraktionen überlassen, für en Fall, dass sie Gesetzesentwürfe erarbeiten, diese freiwillig dem NKR vorzulegen.
Ein solcher Fall erfolgt demnächst.
Ihren Ausführungen zur Rolle der Wirtschaft (dabei vor allem der Verbände) zum Thema Bürokratieabbau stimme ich zu. Ich sehe hier große Beharrungskräfte, die wir zu überwinden haben. Ich vergleiche bei solchen Beobachtungen immer Bürokratieabbau mit Subventionsabbau. Jeder spricht sich dafür aus, will aber selbst davon verschont leiben.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich als ehemaliger Verbandspräsident keine Hemmungen habe, die Teilhabe auch der Wirtschaft/Verbände beim Thema Bürokratieabbau offen einzufordern.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Michael Fuchs MdB