Frage an Michael Fuchs von Ulrike P. bezüglich Innere Sicherheit
In der Westfälischen Rundschau las ich unlängst einen Artikel, dass Sie die Risiken, die mit der Gewinnungsmethode Fracking einhergehen für beherrschbar halten und das Risiko als gering einstufen.
Es ist immer erfrischend eine dezidierte Meinung zu einem kontroversen Thema zu bemerken.
Ich gehe davon aus, daß Sie Chemiker, Physiker oder Ingenieur im Maschinen- und Anlagenbau sind. Ihre Einlassungen lassen diesen Rückschluss zu.
Gerne würde ich mehr wissen über die Fakten, die Sie zu dieser Einschätzung gebracht haben.
Die gängigen Veröffentlichungen im Netz und in den sonstigen Medien sind mir bekannt. Es würde mich außerordentlich freuen und meinen Wissensstand erweitern, wenn mir ein Fachmann die Prozesse der physikalischen, chemischen und mechanischen Einwirkungen und deren Folgen vertiefend erläutern kann. Besondere Bedeutung hat dabei die Tatsache, daß sich in den Reihen der politisch tätigen offenbar Sachverstand finden lässt, der nicht teuer erkauft werden musste.
Auf Ihre Antworten freue ich mich.
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrte Frau Paul,
angesichts Ihrer Äußerungen möchte ich Ihnen meine Sichtweise gerne darlegen.
1. Erdgas trägt mit einem Anteil von 22 % ganz wesentlich zu unserer Energieversorgung bei. Einheimisches Erdgas aus konventionellen Lagerstätten deckt zurzeit etwa 14 % unseres Bedarfs. Der überwiegende Teil muss hingegen importiert werden: 39 % der Erdgasimporte kommen aus Russland, rund 35 % aus Norwegen und ca. 22 % aus den Niederlanden. Sie sehen, Deutschland ist beim Gasimport von wenigen Ländern abhängig.
Aufgrund der Energiewende wird die Bedeutung von Erdgas - vor allem bei der Stromerzeugung - zunehmen. Ohne den Einsatz von Erdgas lassen sich die ehrgeizigen Ziele bei der Energiewende und der CO2-Einsparung nicht erreichen. Mit der Erschließung neuer Quellen könnte der heutige Anteil einheimischen Erdgases voraussichtlich auf Jahrzehnte stabil gehalten werden. Gleichzeitig würde die Abhängigkeit von Importen aus einigen wenigen Lieferländern sinken. Ich denke, dass dieses Ziel im gesamtstaatlichen Interesse liegt.
2. Vor diesem Hintergrund wäre es meines Erachtens daher unverantwortlich, die Nutzung einheimischer Schiefergasvorkommen von vornherein und wohlmöglich aus rein ideologischen Gründen auszuschließen. Schiefergas hat bereits die weltweite Gaslandschaft grundlegend verändert. In den USA ist der Gaspreis wegen der Schiefergasförderung gefallen. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die niedrigeren Energiepreise US-amerikanischen Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren europäischen Konkurrenten verschaffen.
3. Klar ist aber auch, dass die Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten nur erfolgen darf, wenn Umwelt- und Sicherheitsfragen nicht entgegenstehen. Ich plädiere daher für eine sachliche Diskussion, die keine Pauschalbewertung vornimmt, sondern eine differenzierte Betrachtung der konkreten Maßnahme je nach Untergrund und der wasserwirtschaftlichen Bedeutung. Dabei kommt dem Trinkwasserschutz oberste Priorität zu. Die Wasserbehörden sind deshalb in den Prüfungsprozess vor Ort mit ihrem speziellen Know-how eingebunden.
Wenn die jetzige Explorations- und Prüfungsphase ergeben sollte, das gesetzgeberischer Änderungsbedarf besteht, so muss entsprechend nachgebessert werden. Der Schutz von Mensch und Umwelt muss selbstverständlich gewährleistet bleiben! Das eine Trinkwassergefährdung in jedem Fall ausgeschlossen sein muss, versteht sich von selbst.
4. Die technologische Entwicklung bleibt auch beim Fracking nicht stehen. Deutsche Firmen sind derzeit dabei, sog. Frackfluide zu entwickeln, die ohne die Verwendung umweltbedenklicher Chemikalien auskommen.
Sehr geehrte Frau Paul, ich plädiere dafür, dass wir das Thema sachlich diskutieren und die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im Rahmen des Erprobungsprozesses gewonnen werden, abwarten und im Anschluss sorgfältig analysieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Fuchs MdB