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Michael Fuchs
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Frage von Susanne G. •

Frage an Michael Fuchs von Susanne G. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,

ist es richtig, was die WR am 24.04.12 schreibt: Muss aus Ihrer Sicht "die Gewinnung von Erdgas durch Fracking möglich sein"? Und ist es richtig, dass Sie die Bedenken der Kritiker in den Wind schreiben?
Die Experten sprechen auch von einer "neuen Risikodimension" und es wird von den Medien berichtet, dass man bei der "Risikoforschung erst am Anfang stehe". Halten Sie Niedersachsen als Kornkammer Deutschlands und das dichtbesiedelte sowie von Stollen durchzogene NRW wirklich für ein gutes Experimentierfeld? Und entsprechend die Bevölkerung für gute Versuchskaninchen?

Gruß
BürgerinformierenBürger im Kreis
BiB Bönen/Kamen Krs. Unna
Susanne Ganswind

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Ganswind,

Erdgas trägt mit einem Anteil von 22 Prozent wesentlich zur deutschen Energieversorgung bei. Einheimisches Erdgas aus konventionellen Lagerstätten deckt zurzeit etwa 14 Prozent des deutschen Bedarfs, allerdings mit abnehmender Tendenz. Der ganz überwiegende Teil muss importiert werden: Ungefähr 39 Prozent der Erdgasimporte kommen aus Russland, ca. 35 Prozent aus Norwegen und ca. 22 Prozent aus den Niederlanden. Deutschland ist beim Gas extrem importabhängig und auf wenige Lieferländer angewiesen.

Aufgrund der Energiewende wächst die Bedeutung von Erdgas. Moderne, hocheffiziente Gas- und Dampf-Kraftwerke stoßen nur etwa halb so viel CO2 pro erzeugter Kilowattstunde aus wie beispielsweise Steinkohlekraftwerke. Bei Braunkohlekraftwerken ist die CO2-Bilanz noch besser. Außerdem sind Gaskraftwerke wegen ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten besonders gut als sog. „Back-up“ für den Ausgleich der volatilen erneuerbaren Energien geeignet. Ohne den Einsatz von Erdgas lassen sich die ehrgeizigen Ziele bei der Energiewende und der CO2-Einsparung nicht erreichen.

Mit der Erschließung neuer Quellen könnte der heutige Anteil einheimischen Erdgases voraussichtlich auf Jahrzehnte stabil gehalten bzw. ausgebaut werden. Gleichzeitig würde die Abhängigkeit von Energieimporten sinken. Dieses Ziel ist im gesamtstaatlichen Interesse.

Vor diesem Hintergrund wäre es in meinen Augen geradezu unverantwortlich, die Nutzung einheimischer Schiefergasvorkommen von vornherein auszuschließen. Schiefergas hat schon jetzt die weltweite Gaslandschaft grundlegend verändert. In den USA ist der Gaspreis wegen der Schiefergasförderung erheblich gefallen. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die niedrigeren Energiepreise US-amerikanischen Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren europäischen Konkurrenten verschaffen. Auch andere Länder, in denen erhebliche Vorkommen vermutet werden, wie z.B. China, Polen oder die Ukraine, prüfen die Nutzbarkeit ihrer Vorkommen.

Es besteht Konsens, dass die Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten nur erfolgen darf, wenn Umwelt- und Sicherheitsfragen nicht entgegenstehen. Ich plädiere für eine sachliche Diskussion, die keine Pauschalbewertung vornimmt, sondern eine differenzierte Betrachtung der konkreten Maßnahme je nach Untergrund und der wasserwirtschaftlichen Bedeutung. Dabei kommt dem Trinkwasserschutz oberste Priorität zu. Die Wasserbehörden sind deshalb in den Prüfungsprozess vor Ort mit ihrem speziellen Know-how eingebunden. Wenn die jetzige Explorations- und Prüfungsphase ergeben sollte, das mögliche Bedenken berechtigt sind, so müssen diese selbstverständlich berücksichtigt werden.

Wer sich einer neuen Technologie von vornherein verschließt, verkennt wohlmöglich das Innovationspotential, das allem Neuen inne wohnt. Die technologische Entwicklung bleibt auch beim Fracking nicht stehen. So sind deutsche Firmen zurzeit dabei, Frackfluide zu entwickeln, die ohne die Verwendung umweltbedenklicher Chemikalien auskommen. Hier tut sich ein neuer Markt für deutsche Umwelttechnologie auf, der unsere Unterstützung verdient.

Eine „Diabolisierung“ der Fracking-Technologie als „lebens- und menschenverachtend“ führt meines Erachtens nicht weiter. Vielmehr sollten wir das Thema sachlich diskutieren und die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im Rahmen der Probebohrungen gewonnen werden, abwarten und im Anschluss sorgfältig auswerten. Das eine Trinkwassergefährdung in jedem Fall ausgeschlossen sein muss, versteht sich von selbst.

Für mich steht natürlich außer Frage, dass die Bedenken der betroffenen Menschen gehört und berücksichtigt werden müssen. Keinesfalls „schreibe ich die Bedenken der Kritiker“, wie Sie schreiben, „in den Wind“!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Fuchs MdB