Portrait von Michael Fuchs
Michael Fuchs
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Michael Fuchs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Heide J. •

Frage an Michael Fuchs von Heide J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs!

Monitor hat Ende November berichtet, dass schon jetzt deutsche Arbeitgeber "in den Startlöchern stehen", um ab 1. Mai mit ostpolnischen Arbeitern billigst westdeutsche Arbeitsplätze besetzen zu können.

Was das für unsere Sozialkassen bedeutet (ob durch erhöhte Arbeitslosenzahlen oder noch mehr Aufstocker, die von Niedriglöhnen trotz Fulltimejob nicht leben können), ist ja absehbar. Mit christlichen Werten ist eine Billigung der Ausbeutung nun schon überhaupt nicht vereinbar. Dennoch sieht Ihre Partei bislang keinerlei Handlungsbedarf. Wegen der freundlichen Unterstützung aus Berlin und nur 1/3 Lohnkosten halten dänische Schweinemäster und dänische fleischverarbeitende Betriebe schon länger Deutschland für ein Eldorado für ihre Zunft. Deshalb haben sie ihre Betriebe zu uns ausgelagert.
Es ist längst überfällig, dass flächendeckende Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer in Deutschland eingeführt werden. Wenn die Politik wieder im Interesse von Lobbyisten Schlupflöcher schafft - Frau von der Leyen denkt z.B. nur an Mindestlohn für Leiharbeiter - dann wird der Ausbeutung sehenden Auges doch wieder Tür und Tor geöffnet. (Es ist doch merkwürdig, dass jeder halbwegs intelligente Mensch sofort die gesetzlichen Lücken erkennt, die Politiker aber unfähig, oder doch wohl eher unwillig sind, die Gesetze so eindeutig abzufassen, dass sie asozialen findigen Arbeitgebern keine Gewinnmaximierung auf Kosten von Steuerzahlern ermöglichen.)
Als Abgeordneter haben Sie sich verpflichtet, zum Wohle unseres Landes (und nicht zum einseitigen Wohl von Arbeitgebern) zu handeln. Als Bürger dieses Landes sollte Ihnen an menschenwürdigen Bedingungen liegen.

Was also gedenken sie zu tun, damit nicht der Druck wegen der billigen Konkurrenz weitere (insbesondere weniger qualifizierte) Arbeitnehmer dazu nötigt, Dumpinglöhne zu akzeptieren?
Und: Wollen Sie auch handeln, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist"?

Mit freundlichem Gruß
Heide Jurczek

Portrait von Michael Fuchs
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Jurczek,

ab dem 1. Mai 2011 gilt für Arbeitnehmer aus den EU-Beitrittsländern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn die volle Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Diese erlaubt es EU-Bürgern, ungeachtet ihres Wohnortes in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union unter den gleichen Bedingungen eine Beschäftigung aufzunehmen und ausüben zu dürfen wie die Angehörigen dieser Staaten. Das Prinzip der Arbeitnehmerfreizügigkeit gehört zu den „vier Freiheiten“ des EU-Binnenmarktes, zu denen neben der Freizügigkeit von Personen auch der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital gehört. Mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit wird ein wichtiger Beitrag dazu geleistet, dass ein einheitlicher europäischer Binnenmarkt mit all seinen enormen Vorteilen für die Bürger der EU, aber auch die (deutsche) Volkswirtschaft verwirklicht werden kann.

Ihre Furcht vor Lohndumping durch qualifizierte Zuwanderung ist allerdings unbegründet, denn Deutschland kann mit Zuversicht dem Wegfall aller Beschäftigungsgrenzen zum 1. Mai 2011 entgegensehen. Sachverständige aus Wirtschaft und Gewerkschaften äußerten im Rahmen eines Fachgesprächs die Auffassung, dass eine Zuwanderungswelle nicht zu erwarten sei und die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit zu Impulsen für das Wachstum führen werde.

Negative Auswirkungen auf die Lohnentwicklung für Geringverdiener drohen zwar durch ein wettbewerbsverzerrendes Lohngefälle in der Zeitarbeit; diesem kann jedoch durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung tariflicher Mindestlöhne in der deutschen Zeitarbeitsbranche wirksam begegnet werden. Die Union setzt sich dafür ein, baldmöglichst eine klare rechtliche Regelung für einen Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche zu treffen.

Was wir in Deutschland darüber hinaus aber brauchen ist ein Mentalitätswechsel in der Zuwanderungsfrage. Gerade auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der in einigen Teilen der Bundesrepublik zunehmend zum Problem wird. Wir sollten das Bewusstsein dafür wecken, dass gebildete Menschen, die zu uns passen, Deutschland auch voranbringen können. Egal ob sie nun aus Lettland oder Ungarn stammen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Fuchs MdB