Portrait von Michael Fuchs
Michael Fuchs
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Michael Fuchs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Volker H. •

Frage an Michael Fuchs von Volker H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,

Berichte über Volksabstimmungen sind vermehrt in der Presse zu finden. Die Vorteile von Volksabstimmungen werden immer deutlicher, hier nur einige davon ...
- die Bürger sind besser informiert, da sie abgestimmt haben
- Motor für Reformen, anstatt Reformstau
- Auflösung von Widersprüchen zwischen Politik und Bürgern
- wer gefragt wird, wendet sich nicht ab
- mehr Verantwortung dahin wo sie hingehört, zum Volk
- weniger Selbstbedienung der Parteien
- Stärkung des Bundestages (Buchempfehlung dazu: "Wir Abnicker" von Marco Bülow)
- Bürger werden an Problemlösungen beteiligt
- bessere Ergebnisse durch mehr Wettbewerb (der Ideen)
- Erhöhung der Akzeptanz von politischen Entscheidungen
- Weiterentwicklung der Demokratie
Lediglich auf Bundesebene werden Volksabstimmungen noch nicht eingesetzt, obwohl sie ausdrücklich im Grundgesetz vorgesehen sind (" ... Wahlen und Abstimmungen ...").

Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs, wie ist Ihre Meinung zu Volksabstimmungen auf Bundesebene ?

Mit freundlichen Grüßen
Volker Hank

Portrait von Michael Fuchs
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Hank,

Art. 20 Grundgesetz besagt, das der Bürger indirekt (!) durch Repräsentanten an der Ausübung staatlicher Herrschaft teilnimmt. Volkssouveränität bedeutet in diesem Zusammenhang eine durch Wahlen und Abstimmungen legitimierte Regierungsform mit Zustimmung des deutschen Volkes. Es bedeutet jedoch nicht Volksherrschaft bzw. Selbstregierung durch das Volk. Das Grundgesetz unterscheidet diesbezüglich zwischen Wahlen und Abstimmungen. Während mit „Wahlen“ die regelmäßigen Wahlen zu den Volksvertretungen gemeint sind, umfasst der Begriff „Abstimmung“ Plebiszite - Volksbegehren, Volksentscheid, Volksabstimmung.

Im parlamentarisch-repräsentativen System der Bundesrepublik stellt die Beteiligung der Bürger an Abstimmungen und Wahlen die bedeutendste Art der Partizipation dar. Politische Partizipation der Bürger ist somit Kernelement unserer Demokratie. Dem Grundverständnis nach bildet die Volkssouveränität die Grundlage jedweder politischer Legitimation. Um aber gewährleisten zu können, dass der Wille des Volkes auch umgesetzt wird, müssen Regeln aufgestellt werden. Diese Regeln legen beispielsweise fest, wer wählen und gewählt werden darf. Grundlegend gilt das Prinzip der Mehrheitsentscheidung. Zentraler Gedanke dabei ist die aktive Beteiligung des Volkes, das durch Wahlen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung nehmen kann und soll.

Volksabstimmungen auf Bundesebene werden gemäß Grundgesetz nicht prinzipiell ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für die Neugliederung des Bundesgebietes. Für eine bundesweite Einführung von Volksabstimmungen, die über diesen Punkt hinaus gehen, müsste zuvor das Grundgesetz insoweit geändert werden, das neben Bundestag und Bundesrat explizit in Art. 76 Grundgesetz das Volk als Gesetzgeber benannt wird.

Eine Volksgesetzgebung, wie Sie diese fordern, ist jedoch aus verfassungsrechtlicher Sicht problematisch: Denn gerade die plebiszitären Instrumentarien erfreuen sich zusehends großer Beliebtheit in der Bevölkerung. Mit ihnen scheint ein Mittel gefunden zu sein, um das Unbehagen an der Politik ganz allgemein, den Parteien und politischen Institutionen aufzufangen. Doch sind die bestehenden Einflussmöglichkeiten umfassender und langfristiger, als es der eigentliche Wahlakt suggeriert. Die Wahlberechtigten entscheiden nicht nur aktiv über die Verteilung der politischen Mandate für eine bestimmt Zeit, gleichzeitig legitimieren sie diese auch. Damit legitimiert die Wahl politische Herrschaft, kontrolliert die Regierenden und garantiert die Bindung der Politik an die Meinungen der Wähler. Sowohl Wähler als auch Nichtwähler üben folglich Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments aus und entscheiden somit über die Umsetzung politischer Programme in der künftigen Legislaturperiode. Somit bedeutet die Stimmabgabe weit mehr als die Entscheidung darüber, wer den künftigen Regierungschef stellt. Eine klare Zuweisung der politischen Verantwortung ist daher unabdingbar, denn nur so können die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Fuchs MdB