Portrait von Michael Fuchs
Michael Fuchs
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Michael Fuchs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Jens E. •

Frage an Michael Fuchs von Jens E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,

wie kommt es, dass die Regierung und das Parlament, als gewählte Vertreter des Deutschen Volkes, immer wieder Entscheidungen treffen, die höchst unbeliebt sind im repräsentierten Volk?
Als Beispiel möchte ich den ISAF-Einsatz in Afghanistan, die Einführung des Euros und die Finanzhilfen für Griechenland nennen.

Ich bitte Sie, keine argumentativen Nebelkerzen zu werfen wie "Es ist nicht bekannt, wie unbeliebt diese oder jene Maßnahme ist", oder "Es ist noch nichts beschlossen, was Griechenland angeht".
Die Finanzhilfen für Griechenland lassen die Volkseele hochkochen, wie Sie sicherlich wissen, oder wissen würden, wenn Sie einen Blick auf diverse Foren werfen würden.

Glauben Sie, der von mir geschilderte Tatbestand ist vereinbar mit einer "Volkherrschaft"?

Mit freundlichen Grüßen
Jens Engstfeld

Portrait von Michael Fuchs
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Engstfeld,

vielen Dank für Ihren Beitrag bei abgeordnetenwatch.de. Eingehend möchte ich auf Artikel 20 Grundgesetz hinweisen, der besagt, das der Bürger indirekt durch Repräsentanten an der Ausübung staatlicher Herrschaft teilnimmt. Volkssouveränität bedeutet in diesem Zusammenhang eine durch Wahlen und Abstimmungen legitimierte Regierungsform mit Zustimmung des Volkes. Es bedeutet jedoch nicht „Volksherrschaft“ bzw. Selbstregierung des Volkes, wie Sie dies offenbar interpretieren.

Im parlamentarisch-repräsentativen System der Bundesrepublik stellt die Beteiligung der Bürger an Abstimmungen und Wahlen die bedeutendste Art der Partizipation dar. Politische Partizipation der Bürger ist somit Kernelement unserer Demokratie. Dem Grundverständnis nach bildet die Volkssouveränität die Grundlage jedweder politischer Legitimation. Um aber gewährleisten zu können, dass der Wille des Volkes auch umgesetzt wird, müssen Regeln aufgestellt werden. Diese Regeln legen beispielsweise fest, wer wählen und gewählt werden darf. Grundlegend gilt das Prinzip der Mehrheitsentscheidung. Zentraler Gedanke dabei ist die aktive Beteiligung des Volkes, das durch Wahlen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung nehmen kann und soll. Der Deutsche Bundestag ist hierbei jenes Verfassungsorgan, das direkt durch das Volk gewählt und somit demokratisch legitimiert wird. Unser demokratischer Rechtsstaat ist auf die Partizipation des Volkes aufgebaut und braucht diese aktive Mitwirkung und die Legitimation seiner Bürger als Fundament.

Die Bundeskanzlerin und die Ministern legen zu Beginn ihrer Amtszeit den Amtseid ab. Darin heißt es: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ Der entscheidende Passus ist „Schaden von im [dem Volk] wenden“. Genau das versucht die Bundesregierung, auch wenn Entscheidungen getroffen werden (müssen), die auf den ersten Blick unpopulär wirken und sich medial nicht gut vermitteln lassen.

Sehr geehrter Herr Engstfeld, Sie haben beispielsweise den ISAF-Einsatz angesprochen. Angesichts der jüngsten, immer wieder aufs Neue erschütternden und unfassbaren Nachrichten über die gefallenen Bundeswehrsoldaten liegt es nahe, über den Sinn dieses Einsatzes deutscher Soldaten fern der Heimat nachzudenken und - auch dies ist legitim - diesen in Frage zu stellen. Trotz der Gefahren ist der weitere Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan notwendig, weil der Prozess der Stabilisierung, des Wiederaufbaus und der Errichtung demokratischer Institutionen noch nicht abgeschlossen ist. Die Soldaten leisten dort einen wichtigen Beitrag für unsere eigene Sicherheit. Sie sorgen für die Sicherheit, die notwendig ist, damit beispielsweise die Entwicklungshelfer und die Ausbilder der Polizei ihre wertvolle Arbeit verrichten können. Unsere Soldaten engagieren sich besonders in der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Damit beschleunigen wir den Aufbau der Armee und verleihen unseren Anstrengungen die notwendige Nachhaltigkeit. Denn je eher die afghanischen Sicherheitskräfte auf eigenen Füßen stehen und in der Lage sind, die Sicherheit der Bürger Afghanistans zu garantieren, desto eher können wir das Land verlassen. Doch ich sage Ihnen auch, dass ein sofortiger Abzug der Truppen keine Option ist. Im Gegenteil. Wir wollen eine schrittweise Übergabe in Verantwortung, die das Erreichte nicht gefährdet. Sie bleibt im Interesse der Menschen in Deutschland an zwei Bedingungen geknüpft: Von Afghanistan darf keine Gefahr für die internationale Sicherheit ausgehen, und Afghanistan darf nicht wieder zum Ausbildungs- und Rückzugsraum für den internationalen Terrorismus werden. Denn nur mit Sicherheit und Stabilität in Afghanistan werden auch wir hier in Deutschland in Frieden und Freiheit leben können.

Auch wenn Anfangs große Skepsis gegenüber dem Euro bestand, so hat sich der Euro gerade in der derzeitigen Wirtschaftskrise als Stabilitätsanker erwiesen, ohne den Deutschland wesentlicher stärker von den Auswirkungen der Krise getroffen worden wäre. Seine Stärke sorgt für eine Stabilität der Währung, die es bei 16 verschiedenen Währungen mit ihrer Spekulationsanfälligkeit nie gegeben hätte. Nicht umsonst denken EU-Länder, die bisher dem Euro skeptisch gegenüberstanden, darüber nach, dem Euroraum beizutreten. Darüber hinaus bietet der Euro insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen wirtschaftliche Vorteile, beispielsweise durch den Wegfall von Transaktionskosten. Der Ankauf von Fremdwährungen oder eine teure Absicherung gegen Kursschwankungen ist zum Beispiel nicht mehr erforderlich. Eine Absicherung, wie sie heute im Handel mit dem Dollar-Raum noch üblich ist, verursacht für die Unternehmen erhebliche Zusatzkosten. Diese fallen innerhalb der EU nicht mehr an. So können Unternehmen die Vorteile des europäischen Binnenmarktes in Gänze ausschöpfen, was wiederum allen Bürgern zugute kommt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Fuchs MdB