Frage an Michael Fuchs von Carsten G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,
vielen Dank für Ihre Antwort, die rhetorisch geschickt formuliert ist. Allein: Sie beantworten die Frage nicht. Was halten Sie für eine faire Entlohnung? In Euro und Cent?
Erlauben Sie mir einige Anmerkungen zu Ihrer Antwort: Ein Mindestlohn verstaatlicht keineswegs die Lohnfestsetzung, sondern definiert nur eine unterste Grenze. Diese ist meiner Ansicht nach nötig, damit - wie Sie sagen - "derjenige, der Vollzeit arbeitet, auch von seinem Einkommen leben" kann. Eine "Kombination aus fairen Löhnen und ergänzenden staatlichen Leistungen" ist in diesem Zusammenhang kontraproduktiv, da die Steuerzahler hier mit ihrem Geld das bezahlen, was Unternehmen sich nicht leisten können oder leisten wollen. Im ersten Fall muss das Geschäftsmodell infrage gestellt werden, das ja nur funktioniert, weil derart geringe Löhne gezahlt werden. Im zweiten Fall darf die moralische und ethische Reife der verantwortlichen Unternehmer bezweifelt werden, die auf Kosten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr eigenes Vermögen mehren. Beispiele für beide Fälle gibt es reichlich.
Natürlich wäre es schön, wenn "die Tarifpartner Löhne und Gehälter im Einvernehmen bestimmen". Bei rund vier Millionen Arbeitslosen und dem teilweisen Fehlen von gewerkschaftlicher Unterstützung ist es allerdings schwierig, von TarifPARTNERN zu sprechen. Hier diktiert der Arbeitgeber die Löhne ob des großen Angebots an verfügbaren Arbeitnehmern.
"Wer arbeitet, muss mehr im Portemonnaie haben, als derjenige, der nicht arbeitet." Richtig. Mindestlöhne würden das garantieren.Dass sie das Wachstum der Wirtschaft schwächen (wollen wir Wachstum um den Preis des Lohndumpings?),Schwarzarbeit begünstigen (wer genug verdient, muss nicht schwarz arbeiten) und Arbeitsplätze vernichten (die Menge der Arbeit ändert sich doch nicht), sind in meinen Augen keine geeigneten Behauptung. Viele Experten sehen das anders und auch Beispiele aus dem europäischen Ausland zeigen, dass dem nicht so ist.
Sehr geehrter Herr Greiert,
hierzulande haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer das vom Grundgesetz geschützte Recht, Bündnisse zu bilden und die Arbeitsbedingungen autonom, d.h. ohne staatlichen Diktion, zu regeln. Mit dieser Art der Lohnfindung haben wir in Deutschland gute Erfahrungen gemacht. Die so genannte Tarifautonomie hat maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg der letzten Jahrzehnte beigetragen und ist zu einer tragenden Säule der Sozialen Marktwirtschaft geworden. Die Tarifautonomie verhindert, dass Arbeitsplätze verloren gehen, weil bspw. Unternehmen überzogene Arbeitsbedingungen nicht verkraften können. Gleichzeitig ist die angemessene Beteiligung der Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg gesichert. Die in Art. 9 des Grundgesetzes festgeschriebene Tarifautonomie gewährleistet nicht nur sozialen Frieden, sie sorgt auch für den weitgehenden Wohlstand unseres Landes. An dieser Form der Tariffindung sollten wir daher auch weiterhin festhalten.
Eine bundesweit einheitliche Entlohnung in Euro und Cent ist nicht bezifferbar, denn die Höhe der gezahlten Gehälter, auch innerhalb des gleichen Berufs, hängen oftmals auch vom Standort des Unternehmens ab. In vielen Großstädten sind die Gehälter höher als in Gegenden im ländlichen Raum. Dem entsprechend hoch sind dort beispielsweise aber auch Mieten und Lebenshaltungskosten. Auch müssen Arbeitnehmer in Großstädten oftmals öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nehmen, und haben dadurch bedingt häufig entsprechende Mehrkosten im Vergleich zu einem Arbeitnehmer, der in ländlicher Gegend oder in kleinen Städten mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit fahren bzw. gehen kann. Entscheidend ist und bleibt für mich, dass derjenige, der Vollzeit arbeitet, von seinem Einkommen leben können muss und am Ende des Monats mehr im Portemonnaie haben muss, als derjenige, der nicht arbeitet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Fuchs MdB