Portrait von Michael Fuchs
Michael Fuchs
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Michael Fuchs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Reinhold M. •

Frage an Michael Fuchs von Reinhold M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,

ich denke, dass der fatale Eindruck entstanden ist, dass unsere Volksvertreter ihr Gawähltsein, wesentlich zum Erhalt und Ausbau ihrer Pfründe nutzen. Ebenso fatal ist das Empfinden, das keine der Volksparteien in der Lage und/oder Willens ist, die schwerwiegenden Probleme unseres Gemeinwesens anzugreifen und, anders als zu Lasten normal oder gering verdienender Mitbürger, zu lösen. Dies zusammen begründet die allgemeine Politikverdrossenheit. Die Wählerschaft teilt sich dabei in drei Gruppen. Ein Teil fühlt sich, manchmal eher schlecht als recht, durch eine Partei vertreten und möchte das aber so lassen. Ein Teil fühlt sich durch keine Partei vertreten, möchte aber seine Stimme gleichwohl demokratisch zu Gehör bringen. Und ein Teil fühlt sich nicht vertreten, möchte das aber nicht ändern oder sucht einen nicht demokratischen ( also nicht mehrheitsbestätigten) Weg.
Frage: Was halten Sie und/oder Ihre Partei von Volksabstimmungen, oder Teilvolksabstimmungen der Willigen, als ständiges Mittel unseres Gemeinwesens?
Bitte trennen Sie doch Ihre Meinung, von der Meinung Ihrer Partei, sollte es Unterschiede geben.
Unsere Gesamtsituation ( technisch via Internet sowie gesetzlich via Wahlrecht) ließe eine ständige Vollversammlung, mindestens der Willigen, zu!

Mit Freundlichen Grüßen

Reinhold Müller

Portrait von Michael Fuchs
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Müller,

Volksabstimmungen auf Bundesebene werden gemäß Grundgesetz nicht prinzipiell ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für die Neugliederung des Bundesgebietes. Für eine bundesweite Einführung von Volksabstimmungen, die über diesen Punkt hinaus gehen, müsste zuvor das Grundgesetz insoweit geändert werden, das neben Bundestag und Bundesrat explizit in Art. 76 GG das Volk als Gesetzgeber benannt wird. Eine Volksgesetzgebung, wie Sie diese fordern, ist zumindest aus verfassungsrechtlicher Sicht daher problematisch und zudem umstritten.

Am 23. Mai feiern wir 60 Jahre Grundgesetz. Unsere Verfassung, die als Übergangslösung gedacht war, hat sich in diesen sechs Jahrzehnten als gleichermaßen wehrhafter wie freiheitlicher Gesetzesrahmen für die junge Bundesrepublik Deutschland bewiesen. Das Grundgesetz selbst kann nur mit Zweidrittelmehrheit des Deutschen Bundestages und des Bundesrates verändert werden. Die in Artikel 1 und Artikel 20 niedergelegten Prinzipien sind vor jeglicher Änderung geschützt.

Die „Väter“ des Grundgesetzes waren sich der deutschen Geschichte sehr bewusst. Insbesondere war dabei die gescheiterte Weimarer Republik war ganz klar ein Zerrbild von Demokratie, das es zu vermeiden galt. Daher wurde z. Bsp. im Gegensatz zu dem mit vielen Befugnissen ausgestattete Reichspräsident der Bundespräsident vor allem mit repräsentativen Aufgaben betraut. Darum wird der Bundespräsident auch nicht direkt vom Volk, sondern durch die Bundesversammlung gewählt. Der Föderalismus wurde gestärkt, indem der von den Vertretern der Landesregierungen gebildete Bundesrat an allen die Bundesländer betreffenden Gesetzen mitwirkt. Die Parteien werden im Grundgesetz als Träger der politischen Willensbildung des Volkes bezeichnet und erhalten damit besonderes Gewicht. Der Bundestag hat als Gesetzgeber der repräsentativen Demokratie die Möglichkeit, Gesetzentwürfe im Zuge des parlamentarischen Verfahrens zu debattieren, anzupassen und zu verbessern. Bei einer Volksabstimmung bleibt nur die Möglichkeit der Zustimmung oder Ablehnung einer Vorlage, ohne den entsprechenden Entwurf verändern zu können.

Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zu Ihrem Vorschlag der "Vollversammlung der Willigen": Demokratie ist nicht die Vertretung der Willigen, sondern die Vertretung des Volkes durch direkt gewählte Vertreter. Abgeordnete sind Volksvertreter, und damit Repräsentanten der gesamten Bevölkerung des Wahlkreises, den sie im Bundestag vertreten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Fuchs MdB