Frage an Michael Donth von Matthias J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Das aktuelle Wahlrecht für den Bundestag ist deutlich suboptimal:
1. Durch den Ausgleich von Überhangmandaten könnte der Bundestag auf deutlich über 800 Abgeordnete anschwellen, wobei völlig unter den Tisch fällt, dass mindestens 50% der Abgeordneten in den jeweiligen Wahlkreisen verankert sind.
2. Jede Partei entscheidet ganz allein über die Reihenfolge der Kandidaten auf Ihrer Liste. Als Wähler habe ich keine Möglichkeit, einen favorisierten Kandidaten nach vorne zu bringen oder einen Kandidaten, der zwar in der Partei beliebt ist aber nicht beim Wahlvolk, abzustrafen. Das verletzt den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl.
3. Das Mehrheitswahlrecht ohne Stichwahl, das für die Erststimme gilt, bevorzugt die stärkste Partei, da sich die anderen gegenseitig die Stimmen wegnehmen. Mathematisch ist es bei 10 Kandidaten denkbar, dass alle ungefähr 10% der Stimmen erhalten, aber einer 1 Stimme mehr. Der ist dann gewählt. Wenn man mal eine Wahlbeteiligung von 50% ansetzt (damit es sich besser rechnen lässt), kann es also passieren, dass jemand einen Wahlkreis vertritt, obwohl er bzw. sie nur etwas mehr als 5% der Wahlberechtigten vertritt. Das finde ich nicht OK.
Es gibt genügend wissenschaftliche Arbeiten von Mathematikern und Politikwissenschaftlern, die Alternativen aufgezeigt haben, die in der Anwendung einfach verständlich sind und alle denkbaren Grundsätze an eine faire Wahl erfüllen. Meistens geht es in die Richtung, dass die Wähler kumulieren und panaschieren oder eine Rangliste Ihrer Wunschkandidaten angeben können.
Ich bitte Sie um eine Stellungnahme, ob Sie sich in der nächsten Legislaturperiode um eine Reform des Wahlrechts bemühen wollen, die nicht Pfründe verwaltet, sondern objektiven Kriterien folgt.
Außerdem bitte ich Sie anzugeben, ob Sie durch die Landesliste bereits ausreichend abgesichert sind und wem ich meine Erststimme geben soll, damit möglichst viele Abgeordnete meinen Wahlkreis repräsentieren (sie hat ja ansonsten keine Bedeutung mehr).
Sehr geehrter Herr Junk,
Ihre Analyse des aktuell geltenden Bundestagswahlrechtes beschreibt einige Unzulänglichkeiten. Es besteht auch aus meiner Sicht hier Optimierungsbedarf. Ich bin mir zwar nicht sicher, meine aber vernommen zu haben, dass man sich nach der Wahl und nachdem das neue Wahlrecht erstmals zur Anwendung kam, nochmals über eine Veränderung Gedanken machen möchte. Das hielte ich ebenfalls für gut.
Allerdings kann ich Ihnen nicht sagen, welche anderen Gestaltungen letztendlich besser wären. Interessanterweise war die Frage Wahlrecht mehrfach Thema bei Gesprächen mit Bürgern. Dabei kam sogar mehrmals der Vorschlag, auf ein reines Mehrheitswahlrecht nach britischen Vorbild zu gehen und die Zweitstimme abzuschaffen. Dies hielte ich aber nicht für richtig.
Ich bin nicht über die Landesliste abgesichert und habe mich ausschließlich um das Direktmandat im Landkreis Reutlingen beworben. Wem Sie Ihre Erst- und Zweitstimme geben, ist selbstverständlich Ihre Sache. Da Sie mich aber konkret fragen, bitte ich Sie, Ihre Erststimme mir und Ihre Zweitstimme der CDU zu geben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Donth