Frage an Michael Aggelidis von Uwe M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Aggelidis,
im letzten Landtag waren Sie der energiepolitische Sprecher Ihrer Fraktion.
Momentan gibt es aufgrund steigender Benzinpreise wieder eine breite Diskussion über eine Erhöhung der Pendlerpauschale.
Während Sigmar Gabriel von der SPD laut RP Online vom 10.4.2012 dabei von "Volksverdummung durch in Not geratene Politiker" spricht, fordert der stellvertrendende Fraktionsvorsitzende der LINKEN
im Bundestag, Ulrich Maurer, eine " kurzfristige Anpassung der Pendlerpauschale an die Preisentwicklung".
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Sehr geehrter Herr Miersch,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich erlaube mir vorab eine Bemerkung zu den Benzinpreisen. Das Problem ist nicht neu. Bereits 2011 konstatierte das Bundeskartellamt, dass im deutschen Tankstellengeschäft ein Oligopol vorliegt und der Wettbewerb zu Lasten der Konsumenten eingeschränkt ist. Eine Studie im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion ergab, dass die Mineralölkonzerne die Autofahrer durch überhöhte Benzinpreise um monatlich 100 Millionen Euro erleichtern. Obwohl sich die großen Mineralölkonzerne Extraprofite einstreichen, schreitet die Politik nicht ein. Weder in Düsseldorf, noch in Berlin. Das ist skandalös!
In die richtige Richtung weist dagegen eine Regelung in Luxemburg, wo Höchstpreise an den Tankstellen entsprechend der Entwicklung an den Ölbörsen vom Staat genehmigt werden. Darüber hinaus können die Extraprofite der Mineralölkonzerne nur wirksam verhindert werden, wenn die gesamte Wertschöpfungskette (Förderung, Transport und Verarbeitung) in eine Regulierung einbezogen wird. Wie in der Energiewirtschaft stellt sich automatisch die Frage, ob in Anbetracht des offensichtlichen Marktversagens eine Vergesellschaftung von Teilbereichen nötig ist. Denkbar wäre eine staatliche Mineralölgesellschaft, die Rohöl direkt von den Produzenten aufkauft und in eigenen Raffinerien weiter verarbeitet. Das Benzin könnte dann direkt an die freien Tankstellen ohne Aufschlag weiterverkauft werden. Die freien Tankstellen wiederum dürften nur einen staatlich regulierten Aufschlag nehmen. Erst diese partielle Staatswirtschaft würde einen funktionsfähigen Markt ohne Extraprofite für die Mineralölkonzerne ermöglichen. Eine solche partielle Vergesellschaftung deckt sich mit Artikel 27 der Landesverfassung, der unmissverständlich fordert, dass Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, zu verbieten sind.
In Anbetracht der stark steigenden Benzinpreise halte ich eine Entlastung der Pendler für dringend geboten. Im Unterschied zu den übrigen Parteien fordere ich - im Einklang mit meinem Parteifreund Ulrich Maurer - die Umwandlung der Pendlerpauschale in ein fixes Pendlergeld. Alle Pendler sollen einen gleich hohen Betrag von mindestens 13 Cent pro Kilometer erhalten. Von dieser Regelung würden alle Arbeitnehmer profitieren, deren individueller Grenzsteuersatz unter dem Spitzensteuersatz von 42% liegt. Ich lehne eine einfache Erhöhung der Pendlerpauschale ab, da diese die sozialen Ungleichheiten erhöht. Für Gering- und Normalverdiener würde das Pendlergeld so deutlich höher ausfallen als die gegenwärtige Pendlerpauschale. Wir LINKEN stehen auch in dieser Frage an der Seite der Beschäftigten.
Gleichwohl muss die Bundesregierung endlich aktiv werden und die Abzocke der Mineralölkonzerne beenden. Ich habe heute mit Begeisterung gelesen, dass die argentinische Regierung die spanische Ölfirma Repsol enteignet hat. Argentinien hat es sich nicht länger bieten lassen, dass die Profitgier eines Konzerns über die Energiepolitik einer ganzen Nation entscheidet. Das war eine industriepolitisch kluge Entscheidung. Das ist mein Vorbild für Deutschland.