Frage an Michael Adam von Dietmar G. bezüglich Verbraucherschutz
Ehemalige DDR-Flüchtlinge (vor Mauerfall und Wiedervereinigung) sind mittels rechtsstaatlichem Eingliederungsverfahren Bürger der Bundesrepublik Deutschland geworden. Können diese wieder zu Bürgern des Beitrittsgebietes erklärt werden? Das Beitrittsgebiet ist das Gebiet der ehemaligen DDR nach der Wiedervereinigung.
Das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) wurde ausschließlich für die Bürger des Beitrittsgebietes entwickelt. Das war eine Forderung aus dem Vertrag aus Anlaß der Wiedervereinigung vom 18. 05. 1990 bzw. 31. 08. 1990.
Kann das RÜG auch auf Bürger der Bundesrepublik Deutsachland angewendet werden?
Sehr geehrter Herr Grabner,
bitte entschuldigen Sie, dass meine Antwort etwas auf sich warten ließ, aber ich musste mich bzgl. des RÜG erst erkundigen.
Ich gehe davon aus, dass die Frage des Fremdrentenrechts für Aus- und Umsiedler den Hintergrund Ihrer Anfrage bestimmt. Das Fremdrentenrecht hatte zum Ziel, Vertriebene und Flüchtlinge in das Wirtschafts- und Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren. Flüchtlinge wurde so gestellt, als hätten sie ihre bisherige Erwerbstätigkeit in Deutschland zurückgelegt. Statt den Beitrittszeiten in ihrem Herkunftsland gab es sogenannte Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG-Zeiten).
Die wirtschaftliche Situation der Rentenversicherungsträger war in der ersten Hälfte der 1990er Jahre aufgrund der Veränderungen in den osteuropäischen Ländern durch einen massiven Anstieg der Ausgaben gekennzeichnet. Diesen stand ein ausreichendes Beitragsaufkommen nicht gegenüber. Der Flüchtlingsstrom aus dem Osten riss nicht ab und die Ausgaben stiegen und stiegen.
In mehreren Schritten wurden die Ansprüche nach dem Fremdrentengesetz (FRG) auf 60 Prozent reduziert. Es sollte sichergestellt werden, dass in keinem Fall mehr ein Bezieher mit FRG-Zeiten eine höhere Rente bezieht als ein Bundesbürger. Durch Begrenzung des Ausgabevolumens sollte die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, verbessert und den wirtschaftlichen Bedingungen angepasst werden. Die Rentenhöhe für FRG-Zeiten wurde damit fast auf Sozialhilfeniveau gesenkt.
Diese massiven Kürzungen gelten jedoch nicht für Aussiedler aus der DDR. Zeiten die in der DDR zurückgelegt wurden, gelten inzwischen grundsätzlich als Zeiten im Beitrittsgebiet. Der Ausschluss des FRG mit Artikel 23 § 1 des Gesetzes zum Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 für rentenrechtliche Zeiten, die nach dem 18. Mai 1990 bei einem Träger in der DDR zurückgelegt wurden, wurde durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 auf den Personenkreis der Übersiedler, die vor dem 19. Mai 1990 in die Bundesrepublik übergesiedelt sind, übertragen. Grund der bestehenden rechtlichen Regelungen ist, dass es für in der ehemaligen DDR erworbene Beitragszeiten nicht zweierlei Recht geben sollte und dass mit den Änderungen dem allgemein in der Gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsäquivalenzprinzip vermehrt Rechnung getragen wurde.
Die Beitragszeiten im Beitrittsgebiet werden mit einem Faktor auf „Westniveau“ hochgewertet und sind bei Übersiedlern keine FRG-Zeiten mehr. In verschiedenen Fällen mit Rentenbeginn vor 1996 (Senkung der FRG-Rente auf 60 %) war damit eine Reduzierung der Rentenanwartschaft verbunden – vor allem dann, wenn der Versicherte keine Beiträge zur FZR geleistet hatte. Diese Differenz dürfte heute nicht mehr so hoch sein, da die Ansprüche nach dem FRG auf 60 Prozent auch reduziert worden wären.
Es ist nachvollziehbar, dass die Betroffenen diese Regelung, sofern eine Reduzierung der Ansprüche damit verbunden ist, beanstanden. Jedoch wäre die Ungleichbehandlung von Zeiten im Beitrittsgebiet noch viel schlechter zu vermitteln – insbesondere auch dann, wenn es um die Mitgliedschaft in der FZR geht. Eine ideologische Wertstellung kann das Rentensystem nicht geben. Es wird damit auch kein Versicherter wieder Bürger des Beitrittsgebiets – es geht lediglich um die Bewertung von Zeiten, die irgendwann einmal im Beitrittsgebiet zurückgelegt wurden.
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort gedient zu haben. Sollte dem nicht so sein, kontaktieren Sie mich bitte erneut: mail@michael-adam.eu
Mit besten Grüßen aus Bodenmais
Michael Adam