Frage an Michael Adam von Gerd L. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Adam,
mich würde ihre Meinung zur Zukunft der Hauptschule in Bayern interessieren.
Sehr geehrter Herr Lex,
für Ihre Frage bin ich dankbar, denn das Thema brennt mir sehr stark auf den Nägeln. Da es sich hier aber um kein bundes-, sondern um ein landespolitisches Thema handelt, möchte ich Ihnen als Bürgermeister, nicht als Bundestagskandidat eine Antwort geben:
Für mich ist das dreigliedrige Schulsystem - wie es in Bayern von der CSU und leider auch von der FDP nach wie vor politisch hochgehalten wird - ein Irrweg und ein Auslaufmodell. Es kommt aus der Zeit der Ständegesellschaft und ist auch heute noch - natürlich in etwas abgeschwächter Weise - dazu geeignet, eine Dreiklassengesellschaft in der Bildung aufrecht zu erhalten. Ich bin der Meinung, dass wir in unserem Schulsystem weniger Aussieben nach der vierten Klasse, sondern längeres gemeinsames Lernen und eine bessere individuelle Förderung brauchen, wenn Bildungschancen für unsere Kinder nicht vom Geldbeutel und Bildungshintergrund der Eltern abhängen sollen. Deutschland gibt laut der jüngsten OECD-Bildungsstudie deutlich weniger Geld für Bildung aus, wie vergleichbare Industrienationen. Dies ist ein großer Fehler, denn letztlich sind wir als rohstoffarmes Hochlohnland in Zukunft immer stärker auf den Faktor Wissen in Bildung und Forschung angewiesen. PISA-Sieger Finnland macht vor, wie individuelle Förderungen und längeres gemeinsames Lernen anstatt einer Dreigliedrigkeit im Schulsystem zum Erfolg führen können.
Mit der Einführung der R6 wurde die Hauptschule von der CSU politisch dadurch kaputt gemacht, indem sie eine enorme psychologische Abwertung erfahren hat. Viele Eltern sind heute der Meinung: Wenn mein Kind nicht nach der vierten Klasse den Absprung auf Realschule oder Gymnasium schafft, hat es später mal keine Jobperspektive. Diese Entwicklung ist fatal, da die Hauptschule in den Köpfen viele Eltern zur Restschule für wenig leistungsfähige Schüler verkommt. Doch bin ich der Meinung, dass die Hauptschule eine wichtige Aufgabe darin hat, junge Menschen z.B. für spätere handwerkliche Berufe zu qualifizieren. Solche Berufe sind doch nicht weniger wichtig als z.B. akademische Berufe! Ich kämpfe daher für eine längere gemeinsame Schulzeit mit individueller Förderung.
Nur so können im Übrigen auch kleine Schulstandorte erhalten werden. Mit ihrer bisherigen Politik der Schulstandortschließungen hat die CSU den ländlichen Raum massiv geschädigt. Bildungspolitik ist nämlich auch immer Infrastrukturpolitik! Wie sollen junge Menschen im ländlichen Raum gehalten werden, wenn es keine qualifizierte Bildung vor Ort mehr gibt? Wie sollen Städte und Gemeinden junge Familien für sich gewinnen bzw. die vor Ort halten können, wenn es keine Schule mehr gibt, der Kindergarten weg ist und die Post zugesperrt wurde? Auch hier lohnt wieder der Blick nach Finnland, wo notfalls auch Kleinstklassen vor Ort erhalten werden, um Kommunen echte Zukunftsperspektiven nicht zu verbauen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Adam