Frage an Mehmet Yildiz von Toros S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Yildiz,
als sie 2008 Kandidat der Linke für die Bürgerschaft waren, stellte ich Ihnen die Frage, ob Sie das Verbrechen an den Armeniern als Völkermord bewerten oder nicht.
Vielleicht sind Sie so freundlich und beantworten mir diese SEIT 2 JAHREN UNBEANTWORTET GEBLIEBENE FRAGE jetzt:
Erkennen Sie im Gegensatz zu der offiziellen Geschichtsdarstellung und Politik der Republik Türkei den Völkermord an den Armeniern an?
Und wenn ja, befürworten Sie, dass die Republik Türkei dieses Verbrechen anerkennt?
Mit freundlichen Grüße
Toros Sarian
Sehr geehrter Herr Sarian,
Das Verbrechen des Osmanischen Reichs an den Armeniern 1915 im ersten imperialistischen Weltkrieg ist ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Türkei. Nach meinem Erkenntnisstand wurden Armenier Opfer des staatlichen Terrors und haben großes Leid ertragen müssen. Ich bin über dieses große Leid sehr betroffen und verurteile die staatlich organisierte Gewalt und Massaker gegen die Armenier und ihre systematische Vertreibung aus Anatolien. Es war für mich eine Ethnische Säuberung, die ganz klar zu verurteilen gilt.
1) Auch Deutschland muss hier zur Verantwortung gezogen werden, denn Deutschland war damals als engster militärischer Verbündeter des Osmanischen Reichs sowohl Mitwisser und teilweise Mittäter. (In den Akten des Auswärtigen Amts findet sich folgende Notiz des damaligen Reichskanzlers Bethmann Hollweg vom 17.12.1915: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig, ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht“) Ohne die “Duldung” der westlichen Mächte hätte sich das osmanische Reich diese Verbrechen weder zutrauen können noch durchführen können.
2) An hand der historischen Tatsachen, wie auch der gegenwärtigen internationalen Politik (Ausplünderung, Ausbeutung und Kriege) der reichen westlichen Staaten, ist von diesen Mächten in dieser Frage, wie sie diese Verbrechen auch nennen mögen, keine Lösung zu erwarten.
3) Es kann hier bei nicht um diplomatische “Klimmzüge” gehen, sondern darum die Freundschaft und Solidarität unter den Völkern zu stärken und zu fundieren.
4) Der Türkei fällt hierbei eine besondere Rolle und Aufgabe zu. Sie muss zunächst die historische Wahrheit anerkennen und in diesem Zusammenhang, in ihren internationalen Beziehungen, ins besondere im Kaukasus eine neutrale, zu allen Staaten und Völkern den gleichen Abstand oder Nähe einnehmen. Sie sollte von der Politik “ Freundschaft zu Aserbeidschan- Feindschaft zu Armenien” weg kommen und alle Grenzen zu Armenien öffnen.
5) Die Erinnerungskultur und Erinnerungsarbeit sollen der Verständigung, Versöhnung, aber auch der Prävention von Gewalt, Vertreibung und Diskriminierung dienen und darf nicht neue Gräber zwischen den Völkern auftun.
Mit den besten Grüßen
Mehmet Yildiz