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Matti Nedoma
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Frage von Doris F. •

Frage an Matti Nedoma von Doris F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Matti Nedoma,

da Du ja Parteimitglied der Linken bist, würde mich interessieren, wie Du zu Privateigentum stehst?
Meine Frage bezieht sich nicht auf Privateigentum an Produktionsmittelm sondern Grund und Boden für Kleinfamilien etc.. Wie ist Deine Differenzierung Kommunismus/Sozialismus?

Wie stehst Du zur Gleichstellung und Integration?

LG Doris Franz

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Antwort von
DIE LINKE

Liebe Doris Franz,

vielen Dank für die gestellten Fragen.

Das Eigentum ist im Art. 14 unseres Grundgesetzes geschützt. Im Absatz 2 des Art. 14 GG heißt es: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Eigentum ist ein Grundrecht aller Menschen, das im sozialen Rechtsstaat die Entfaltung individueller Freiheit ermöglichen soll. So sieht es unsere Verfassung vor.

Eine Reduzierung der Eigentumsfrage auf die Entscheidung zwischen Staats- und Privateigentum greift m. E. zu kurz. Es gibt verschiedene Eigentumsformen. Staatliches, kommunales, gesellschaftliches, genossenschaftliches oder privates Eigentum. Nicht jede Eigentumsform eignet sich in jedem Bereich. Für mich ist ganz klar: Öffentliche Daseinsvorsorge, gesellschaftliche Infrastruktur, Energiewirtschaft und große Teile des Finanzsektors müssen demokratisch kontrolliertes Eigentum sein.

Das mag für manch einen überraschend weltfremd oder radikal klingen. Ist es aber nicht. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass beispielsweise ein vornehmlich privatisierter Bankensektor kein Garant für individuelle Freiheit ist. Großbanken haben sich mehr und mehr aus ihrem Kerngeschäft - der Kreditvergabe für Investitionen - zurückgezogen und sich auf den Bereich der sogenannten Finanzinvestitionen konzentriert. Folge dessen war, eine unvorstellbare Zunahme an Spekulationen und Rendite für Großaktionäre, während der angesprochenen Kleinfamilie oder dem mittelständischen Unternehmen Unterstützungen für den Hausbau oder Investitionen in den Betrieb versagt wurden. Während der Finanzkrise, als das Kartenhaus der Spekulation zusammensackte, war es dann der Staat, der mit Steuergeldern gezwungen war, diese Banken vor dem Zusammenbruch zu retten. Die Verluste der Spekulanten und ausschließlich an Rendite orientieren Banker fallen also ganz unmittelbar allen Steuerzahlern zur Last. Von den horrenden Gewinnen sehen sie nichts. Ganz anders zum Beispiel die Genossenschaftsbanken. Sie waren auch während der Finanzkrise nicht auf staatliche Gelder angewiesen. Als Banken der "kleinen Leute" konzentrieren sie sich auf ihr Kerngeschäft und haben eher selten den Anspruch, als Global Player auf dem Finanzmarkt zu agieren. Kommt eine Genossenschaftsbank in schwierigeres Fahrwasser, so gibt es einen internen Ausgleichsmechanismus, über den andere Genossenschaftsbanken für sie einstehen.

Neben den Kernbereichen des öffentlichen Lebens, die keine Privatisierung vertragen, gehört zu einer pluralen Eigentumsordnung das Privateigentum zweifellos dazu. Das gilt für kleine und mittlere Unternehmen genauso wie für das bäuerliche Eigentum an Grund und Boden und die Häuslebauer.

Eine fundierte Antwort darauf, wie ich Kommunismus und Sozialismus differenziere bzw. was ich mir darunter vorstelle und welche Auffassung ich dazu habe, würde den Rahmen dieses Forums sprengen. Beides sind - ganz verkürzt gesagt - Visionen bzw. Utopien, die sich aus der tiefen Sehnsucht nach einer gerechten und besseren Welt entwickelt haben. Der demokratische Sozialismus, wie ihn DIE LINKE sich vorstellt, ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, in dem die Werte der Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Frieden und sozialökologische Nachhaltigkeit ohne Ausbeutung und Unterdrückung prägend sind.
Ich denke nicht, dass unser heutiges auf Gewinninteressen reduziertes Gesellschaftssystem die letzte Antwort der Geschichte ist. Die Systemfrage ist für mich aber auch nicht die entscheidende, die mich dazu bewogen hat, für das Abgeordnetenhaus und die BVV zu kandidieren. Hier möchte ich ganz konkret, dass sich etwas in Steglitz-Zehlendorf ändert. Ich möchte, dass der Stellenwert von Kindern und Jugendlichen nicht auf hübsche Plakatmotive reduziert wird, sondern dass jede Schule in unserem Bezirk mindestens einen Schulsozialarbeiter bekommt. Ich möchte, dass die Menschen teilhaben und mitentscheiden können und wir endlich einen Bürgerhaushalt im Bezirk einführen. Ich werde gemeinsam mit den anderen Kandidatinnen und Kandidaten dafür sorgen, dass die Bezirkspolitik in Steglitz-Zehlendorf aufgefrischt wird und dafür sorgt, dass sich alle Menschen bei uns wohlfühlen können.

Gleichstellung und Integration lassen sich nicht auf einzelne Politikbereiche begrenzen. Sie sind politische Querschnittsaufgaben. Erfolgreiche Gleichstellungs- und Integrationspolitik beginnen schon im Kindergarten und der Schule, wenn es darum geht, allen Kindern - egal welcher regionalen oder sozialen Herkunft - die gleichen Chancen einzuräumen. Das Stichwort hier ist die leistungs- und neigunsdifferenzierte Förderung aller Kinder. Gleichstellung und Integration hat in der Arbeitswelt eine große Bedeutung. Es kann nicht sein, dass Frauen heute noch deutlich weniger verdienen als Männer in gleicher Position und ihnen Aufstiegschancen oft verwehrt bleiben. Hier ist es Aufgabe der Politik, durch Frauenquote und Mindestlöhne für einen Ausgleich zu sorgen. In einer Weltstadt wie Berlin ist es nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Migrationsgeschichte oft als Störer oder Belastung empfunden werden. Rahmenbedingungen zu schaffen, um Menschen die Integration besser zu ermöglichen - z.B. durch Sprachkurse und Qualifizierungsmaßnahmen - muss Anspruch der politisch Handelnden sein. Nicht das Schüren von Vorurteilen, Ressentiments und Angst wie es die CDU und andere rechte Kräfte immer wieder tun. Zur Gleichstellungspolitik gehört es auch, Akzeptanz und Respekt für Unterschiedlichkeit zu vermitteln. Das ist die beste Prävention gegen Vorurteile und Angst, gegen rassistische, antisemitische oder homophobe Gewaltexzesse. Berlin ist eine tolle Stadt. Steglitz-Zehlendorf ein schöner Bezirk. Jedem und jeder soll es hier möglich sein, nach seinen Interessen, Vorlieben und Bedürfnissen zu leben.

Für weitere Nachfragen stehe ich gern zur Verfügung. Außerdem möchte ich auf die o. s. Termine verweisen, bei denen sich die Gelegenheit bietet mit mir und anderen Kandidatinnen und Kandidaten der LINKEN ins Gespräch zu kommen.

Herzliche Grüße
Matti Nedoma