Frage an Matthias Wissmann von Robert S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Wissmann,
Firmen werden zur Abwanderung gezwungen?
Wenn überhaupt zwingen die sich selbst bzw. werden von den Aktionären (also von denen die bei Kursgewinnen durch Ankündigung von Kündigungen gewinnen) gezwungen.
Milliarden Gewinne zwingen natürlich die Billiardenhürde in Angriff zu nehmen, denn es ist niemals genug.
Weiterhin stellt sich die Frage wer denn noch die hergestellten Güter kaufen soll, wenn keiner mehr etwas verdient.
Für wen produzieren die Firmen, wenn nicht für Konsumenten?
Muß sich Deutschland wirklich mit den Löhnen in China vergleichen?
Sind nicht in 20 von 27 Ländern der EU Mindestlöhne Standard?
Mangelt es in Deutschland etwa nicht einer schwächelnden Binnenkonjunktur? Immerhin sind wir Export Weltmeister.
Glauben Sie die Leute haben einfach keine Lust etwas zu kaufen?
Kombilöhne sind doch durch Steuermittel finanzierte Lohnzuschüsse oder? Das heisst, das das Volk nicht nur die hergestellte Ware bezahlt, sondern auch noch einen Teil des Lohnes zusätzlich über die Sozialabgaben oder Steuerliche Abgaben oder?
Es handelt sich um eine Abwärtsspirale.
Die Leute verdienen wenig und können nix Kaufen. Der Verkäufer verdient nix und zahlt geringere Löhne, weshalb die Leute noch weniger kaufen können. Zusätzlich nimmt der Staat auch weniger Sozialabgaben ein und muß die Steuern für die Bürger erhöhen. Es kommen weniger Rentenbeiträge durch mangelnde Einzahlung zustande. Aber nicht durch die Demographie sondern durch Lohndumping, 1 Euro Jobs, Zeitarbeit und auch Kombilöhnen.
Warum denkt die Bundesregierung nur in eine Richtung? Warum werden nicht verschiedene Alternativen geprüft und diskutiert?
Wer sind die Wirtschaftsexperten die Sie in der Frage des Kombilohn-Modells unterstützen und wer bezahlt diese?
Das sind nur einige Fragen, die Ich hoffe beantwortet zu bekommen. Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Schubert,
haben Sie vielen Dank für Ihren Beitrag vom 9. Februar, in welchem Sie einige Fragen zur Wirksamkeit des Kombilohn-Modells vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftslage in Deutschland aufwerfen. Gerne gehe ich auf Ihre Standpunkte näher ein.
Mit einer grundlegenden Feststellung möchte ich meine Antwort beginnen: Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft hat es den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht, sich über Jahrzehnte ein enormes Wohlstandsniveau und damit verbunden eine große wirtschaftliche Freiheit zu erarbeiten.
Im öffentlichen Meinungsbildungsprozess über aktuelle wirtschaftliche und soziale Fragen gerät dieses unumstößliche Faktum zu meinem größten Bedauern immer mehr in Vergessenheit. Denn auch für eine erfolgreiche Bewältigung der Herausforderungen, welche eine zunehmend globalisierte Welt für den deutschen Arbeitsmarkt mit sich bringt, gibt es zur sozialen Marktwirtschaft keine alternative Wirtschaftsform mit adäquaten Lösungsansätzen. Deshalb ist es heute wichtiger denn je, sich auf das ihr zugrunde liegende Erfolgsrezept zurückzubesinnen: das gleichgestellte Nebeneinander von Märkten, die frei von staatlichen Eingriffen Angebot und Nachfrage in Einklang bringen, einerseits und gesellschaftlicher Gerechtigkeit, gewährleistet durch ein vom Staat bereitgestelltes soziales Sicherungssystem, andererseits. Sollte eine vermeintliche Erhöhung des Sozialschutzes auf Kosten der Marktfreiheit vollzogen werden (ein Mindestlohn ist hierfür das ideale Beispiel), wird die Idee der sozialen Marktwirtschaft ausgehebelt und ist so zum Scheitern verurteilt.
Ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestlohn wird eine hohe und verfestigte Arbeitslosigkeit zur Folge haben. Denn während die von Ihnen erwähnten gewinnträchtigen Aktiengesellschaften eine gesetzliche Einführung kurzfristig vielleicht noch verkraften, haben all die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe in Anbetracht ihrer Existenzsicherung bei der Lohnfestsetzung häufig nur wenig Spielraum nach oben. Ein Mindestlohn führt hier nicht zu mehr Gleichheit im Wettbewerb, sondern zum Wegfall einer Vielzahl von Arbeitsplätzen. Eine gestärkte Binnenkaufkraft, die als Konjunkturstütze für die deutsche Wirtschaft von unbestritten hoher Bedeutung ist, ist aber nur über die Schaffung neuer zusätzlicher Arbeitsplätze zu erreichen.
Trotz des derzeitigen Aufschwungs bleibt einer Vielzahl von Langzeitarbeitslosen der Schritt zurück auf den Arbeitsmarkt bisher verwehrt. Das Kombilohn-Modell setzt deshalb direkt bei den Hilfebedürftigsten an. Um die herrschende Perspektivlosigkeit aufzuheben, verfolgt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion das Ziel, Neueinstellungen anhand staatlicher Lohnzuschüsse zu forcieren. Aus Sicht der Union ist es nicht akzeptabel, dass der Graben zwischen Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit durch gesetzlich vorgeschriebene Mindestlöhne immer unüberwindbarer wird und das soziale Sicherungssystem so an die Grenzen seiner Finanzierbarkeit geführt wird. Diesen Gedanken stützt neben vielen anderen Wirtschaftsexperten auch der unabhängige „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen die Lösungsansätze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion näher gebracht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Wissmann