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Frage von Marko N. •

Frage an Matthias Scheffler von Marko N. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Scheffler,

hoch anrechnen möchte ich Ihnen, dass Sie auf meine Frage reagiert haben. Da haben Sie den Politikern aus meinem Wahlkreis einiges voraus. Leider gibt es nur wenige Politiker, die auf Dialog mit dem Wähler setzen. Das ist mit ursächlich für die Politikverdrossenheit in diesem Land. Der Wähler möchte beteiligt, möchte gehört, möchte ernst genommen werden.

Die von Ihnen angesprochenen Steuerentlastungen für den kleinen Mann kann ich im FDP-Wahlprogramm leider nicht erkennen. Ich hatte es mir übrigens schon vor meiner letzter Frage angesehen. Ob Sie mit den angekündigten Freibeträgen für Familien Entlastung schaffen können, ist in meinen Augen sehr fraglich. Das ist doch, wie Ihr bisschen für die Familie hier und Ihr bisschen für die Familie da, nur ein Tropfen auf den heißen Stein! Die Steuerklasse V wollen Sie abschaffen. Das erscheint mir wirklich gerecht, denn die Abschaffung belastet die Armen genauso wie die Einkommensmillionäre! Haben Sie eine Ahnung wie viele Menschen in den unteren Einkommensbereichen nur durch die Steuerklasse V ein würdiges Leben führen können? Bitte erklären Sie mir dann noch, was die Abschaffung der Vermögenssteuer mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat. Auch würde mich interessieren, wie Sie die Senkung der Lohnnebenkosten, der Lohnsteuersätze und die Erhöhung der Freibeträge finanzieren wollen. Etwa allein mit der Abschaffung von Steuervergünstigungen und Steuerschlupflöchern? Da denken Sie doch sicher auch an die Eigenheimzulage und die Steuerbefreiung von Erschwerniszulagen, Schicht- und Sonntagszuschlägen. Damit würde sicher genug zusammenkommen. Damit würden Sie jedoch einmal mehr denen in die Taschen greifen, die ohnehin schon wenig haben. Der reiche Mann arbeitet nicht im Schichtdienst, wohl nur selten an Feiertagen und die Eigenheimzulage wird er für den Bau seiner Villen nicht wirklich benötigen.

Sie führen die Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Billiglohnländer als Grund an, die Einführung von Mindestlöhnen zu blockieren. Ist das alles, was der FDP zu dieser Problematik einfällt? Im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern sind die deutschen Lohnstückkosten für die Arbeitgeber doch wohl mehr als günstig. Nicht umsonst sind wir Deutschen Exportweltmeister! Im Vergleich mit den Billiglohnländern in Osteuropa werden wir immer den kürzeren ziehen. Das ist auch kein Wunder, hat man in Rumänien z.B. ein derart geringes Einkommen, dass man dort noch auf Menschen trifft, die in Lehmhütten leben, die nicht über Versorgungsanschlüsse verfügen. Übertrieben? Meine Frau ist Rumänin und ich weiß wovon ich spreche. Auch Behausungen aus Karton habe ich dort gesehen. Nein, gegen die Verlagerung von Arbeitsplätzen muss sich die Politik etwas anderes einfallen lassen. Im freien Wettbewerb mit solchen Ländern, werden wir sonst immer unterliegen. Es kann und darf nicht sein, dass im Ausland gefertigte Einzelteile in Deutschland zusammengesetzt werden und das Ganze dann als „Made in Germany“ bezeichnet werden darf. Dagegen muss die Politik etwas unternehmen! Sie führen die Rinder an, die von polnischen Fernfahrern in Deutschland abgeholt werden, in Polen geschlachtet werden, deren Fleisch dann von polnischen Fernfahrern wieder nach Deutschland verbracht werden und dann hier zu deutschen Preisen verkauft werden. Ja dann unternehmen Sie doch etwas dagegen. Dem deutschen Markt ist nicht geholfen, wenn die Löhne der in diesem Kreislauf beschäftigten Menschen auf polnisches Niveau sinken. Diese Menschen haben dann nämlich kein Geld mehr, die Preise auf dem deutschen Markt zu bezahlen und werden den Absatz auf dem Binnenmarkt sicher nicht steigern.

Sie argumentieren gegen die Flächentarifverträge, weil sie der kleinen Autowerkstatt dieselben Ausbildungsvergütungen auflasten. Das ist in der Tat ein Problem. Es scheint sicher, dass man dieses Problem damit lösen kann, dass man Flächentarifverträge abschafft oder aufweicht. Sie werden aber wohl nicht bestreiten wollen, dass die Arbeitgeber in den letzten Jahren immer mehr Macht über ihre Arbeiter gewonnen haben und sie immer weiter unter Druck setzen, um die Löhne zu senken und damit die Gewinne zu steigern. Wenn Sie Lohnverhandlungen von der Fläche in die Betriebe verlagern, verstärken Sie diesen Effekt nur noch. Die Gewerkschaften verlieren damit an Macht und Einfluss, die Rechte der Arbeitnehmerschaft schwinden weiter dahin. Das ist kein Prozess, der dann beginnen wird, wenn die FDP ihre Pläne umsetzen kann, sondern ein Prozess, der schon lange begonnen hat. Was gedenkt die FDP diesbezüglich zu tun? Nein, eine weitere Aufweichung der Arbeitnehmerrechte ist in einer sozialen Marktwirtschaft nicht das geeignete Mittel, um die Probleme anzugehen. Was die von Ihnen angesprochenen Ausbildungsvergütungen betrifft, so könnte man den großen Firmen, die ja bekanntlich immer weniger ausbilden, eine Ausbildungsplatzabgabe abverlangen und diese dem Mittelstand einverleiben, der ja bekanntlich die Hauptlast der Ausbildung trägt. Dann wäre der kleinen Autowerkstatt auch geholfen und die Flächentarifverträge müssten nicht abgeschafft oder aufgeweicht werden! Ihr Politiker müsst irgendwann einmal einsehen, dass die Probleme der Wirtschaft nicht immer nur durch Einkommenssenkungen beim kleinen Mann gelöst werden können. Was sagen Sie zu den Gewinnsteigerungen der letzten Jahre? Wären die Einkommen genauso gestiegen wie die Gewinne der Wirtschaft, dann müsste ich heute das doppelte verdienen!

Sie haben meine letzten Ausführungen zu Armut und Reichtum in Deutschland in Frage gestellt. Nein Herr Scheffler, ich möchte Deutschland nicht schlecht reden. Ich sehe, dass sich Manager, wie im Übrigen einige Politiker leider auch, immer mehr Geld in die Taschen schieben und dass die deutsche Wirtschaft Jahr für Jahr Rekordgewinne einfährt. Das Geld ist da, dass ist mir klar. Doch werden Sie, auch wenn Sie darauf in Ihrem Text nicht eingegangen sind, den aktuellen Bericht der Bundesregierung über Armut und Reichtum in Deutschland nicht leugnen wollen. Sie sollten sich einmal damit auseinandersetzen, denn er spricht eine deutliche Sprache. Ihre Aussage, dass die Zahl der Einkommensmillionäre in Deutschland zugenommen hat, findet sich in diesem Bericht übrigens genauso, wie die Tatsache, dass die Armut alarmierend zugenommen hat. Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass in Deutschland die Sozialhilfe dafür sorgt, dass jeder ein angemessenes Dach über dem Kopf hat. Auch verhungern muss hier niemand. Ist mir alles klar! Inwieweit die Situation mancher Menschen in Deutschland noch mit Würde zu tun hat, ist eine andere Frage. In jedem Fall aber hat die Zahl der Menschen, die von der Sozialhilfe abhängig sind, oder dieser Abhängigkeit sehr Nahe stehen, in den letzten Jahren stark zugenommen. Das werden Sie ja wohl nicht leugnen wollen. Das sinkende Einkommen da mitursächlich, ist doch wohl nur logisch. Wenn Sie und Ihre Partei da keine Entwicklung erkennen können, haben Sie keine Sorge, der Bürger und Wähler kann es! Die Pläne der FDP zur Senkung des Spitzensteuersatzes, zur Abschaffung von Vermögenssteuer und Gewerbesteuer, werden diese Entwicklung nicht bremsen, sie werden sie beschleunigen.

Vielleicht übergehen Sie den Bericht der Bundesregierung über Armut und Reichtum in Deutschland nicht wieder und erklären sich hierzu.

Mit freundlichen Grüßen,

Marko Neuwirth

Portrait von Matthias Scheffler
Antwort von
FDP

Lieber Herr Neuwirth

A. Wie ich schon schrieb, könnte ich die Einsparungen mit einer Grafik am besten deutlich machen. Sowie meine Homepage fertig ist, werde ich sie dort einstellen. Sie zeigt, dass alle Eckpunkte (und damit der gesamte Verlauf) des FDP Stufentarifs von 15, 25 und 35% unterhalb der bisherigen Progressionkurve verlaufen.

B. Die Steuerklasse habe ich bisher immer anders erlebt (ich hatte sie selbst schon). Die tatsächliche Steuerbelastung erfolgt mit der Steuererklärung und nicht mit der Steuerklasse.

C. Ich glaube, ich ahne was Sie mit sozialer Ungerechtigkeit der Vermögensteuer meinen, die tatsächliche Auswirkung ist jedoch eine andere als Sie vermuten. Die Vermögenssteuer soll, wie der Name sagt Vermögen ab einer bestimmten Größe besteuern. Nun sind aber 83% unserer Betriebe Personengesellschaften bzw. Familienunternehmen. Viele dieser Unternehmen haben, wie z.B. Tischlereien oder kl. Baufirmen, Maschinen und Geräte, die Vermögen ,und zwar im Sinne der Vermögenssteuer, darstellen, da sie persönliches Eigentum sind. Das hat dazu geführt, das diese Betriebe Vermögenssteuern bezahlen mussten, egal, ob sie Gewinne oder Verluste machen. Die Steuer musste gezahlt werden, nur weil die Maschinen dastehen und einen Wert darstellen. Arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitisch ist das verheerend. Ich bin mir sicher, dass Sie das so auch nicht wollen. Also lassen wir doch das Vermögen sein was es ist und besteuern die Erträge daraus! Und das dann bitte ohne Ausnahme. Dazu finden Sie dann auch in unserem Program, wie ich meine , einen guten Ansatz. Erträge aus Vermögen werden mit 20% direkt besteuert, ohne Punkt und Komma! Das heißt, ein fünftel aller Vermögenserträge kommen der Gesellschaft zu Gute.

D. Die Auflistung aller Einsparvorschläge zur Finanzierung der Entlastung würde den Rahmen dieses Forums sprengen - es waren allein 400 (!) Anträge zum letzten Haushalt. Die Anträge haben wir übrigens vom Bund der Steuerzahler überprüfen lassen und der hat sie für seriös befunden. Im Internet hat die FDP diese aber hintelegt. Was halten sie aber von der Antwort der Bundesregierung zu einer unser letzten Anfragen: Im Auftrag der Bundesregierung sind in den Jahren 1998 bis 2004 insgesamt 9.863 Fachveranstaltungen in Form von Konferenzen, Tagungen und Symposien durchgeführt worden. Das ergibt sich aus der Antwort (15/5925) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (15/5770). Danach wurden für solche Veranstaltungen "als unverzichtbares Element des politischen Diskurses" in diesem Zeitraum 48,72 Millionen Euro an Fördermitteln ausgegeben. (aus Pressedienst des deutschen Bundestages.) Von diesem Geld könnten sie die Bundesanstalt für Arbeit beinahe 1 Jahr finanzieren.

E. Sie sprechen die Abschaffung der Eigenheimzulage und der Steuerbegünstigungen an. Ehrlich gesagt, hat mich die Eigenheimzulage schon immer geärgert. Aller Voraussicht nach werden meine Familie und ich uns nie ein Haus leisten können, warum müssen wir dann anderen ihren Hausbau mitfinanzieren. Wissen sie eigentlich,dass selbst Hartz IV-Empfänger durch ihre Konsumsteuern (wie MwSt TabakS etc) anderen ihr Haus mitfinanzieren. Das ist wohl zu ziemlich das Unsozialste was es gibt. Zur Steuerbefreiung von Erschwerniszulagen, Schicht- und Sonntagszuschlägen: Ich habe selber lange Zeit im Schichtdienst gearbeitet und bin trotzdem der Ansicht, dass die angemessene Bezahlung dieser Arbeitszeit Sache des Arbeitgebers ist; und nicht die der Allgemeinheit (durch Steuersubventionen).

D. Zu Billiglohn habe ich schon einiges gesagt. Aber ist es nicht interessant, dass gerade im Handelsblatt vom letzten Wochenende stand, dass ein Unternehmen seine Produktion von Polen wieder nach Deutschland verlegt hat, u.a. weil dort die Löhne jährlich um 10% steigen. Der Anpassungsprozess für die neuen EU-Länder ist unvermeidbar und auch sie werden sich an hohe Löhne gewöhnen müssen.

E. Sie fragen: Was sagen Sie zu den Gewinnsteigerungen der letzten Jahre? Wären die Einkommen genauso gestiegen wie die Gewinne der Wirtschaft, dann müsste ich heute das doppelte verdienen! Mit Verlaub, Sie sprechen von einigen Unternehmen. Mir liegen die 83% Familienunternehmen am Herzen, die den weitaus größten Anteil an Arbeits- und Ausbildungsplätzen stellen. Und denen geht es beilebe nicht so gut, immerhin haben wir 40.000 Pleiten im Jahr und liegen im Wirtschaftswachstum in Europa an letzter Stelle - und das wollen wir ändern!

F. Auf den Armuts- und Reichtumsbericht werde ich hier nicht weiter eingehen, denn er umfasst 370 Seiten.

Zur Stützung meiner Ausführungen möchte ich nur folgende Zitate aus dem Bericht (!) anfügen:
- Die Festlegung des Anteils am Mittelwert, der die Armutsrisikogrenze definiert (also z.B. die erwähnten 60 %), ist zunächst eine bloß gesetzte Konvention.
- Maße relativer Einkommensarmut sagen vor allem etwas über die Einkommensverteilung aus, jedoch nichts über die Einkommensressourcen, die zur Befriedigung der notwendigen Bedürfnisse erforderlich sind.
- Die Inanspruchnahme von Sozialhilfe zeigt aber nur das Ausmaß, in dem Teile der Bevölkerung einen zugesicherten Mindeststandard nur mit Unterstützung des Systems der sozialen Sicherung erreichen. Dies ist jedoch nicht mit Armut gleichzusetzen.
Zitat Ende.

Das Bedeutet:
1. Können 60% der Bevölkerung zweimal im Jahr in den Urlaub fahren, ist derjenige arm, der nur einmal fahren kann.
2. Es gibt weniger Arme, wenn die Reichen Deutschland verlassen (der Durchschnitt sinkt dann), obwohl sich an der persönlichen Situation nichts geändert hat.
3. Mit dieser Definition können sie die so bestimmte Armut praktisch niemals besiegen. Fein ausgedacht!

Ihr Matthias Scheffler