Wie stehen Sie zu Plänen innerhalb Ihrer Partei, private Investitionen in die Wirtschaft anzukurbeln?
Sehr geehrter Herr Miersch,
dass weite Teile Ihrer Partei dem Kapitalmarkt nicht gerade positiv gegenüberstehen, ist wohl keine Übertreibung. Gesetzliche Regelungen wie die "Binding-Steuer" oder die Pläne für eine Aktiensteuer senden ein klares Signal an die Anleger: Wer Geld in Aktien steckt, hat anscheinend zu viel übrig.
Dass es sich bei den "Zockern" vielfach um normale Bürger handelt, die ihr bereits versteuertes Geld langfristig anlegen, um Vermögen aufzubauen und für das Alter vorzusorgen, wird leider völlig verkannt. Ich frage mich wirklich, wie angesichts dieser anlegerfeindlicher Grundeinstellung die Pläne von Bundeskanzler Scholz oder auch dem Seeheimer Kreis, mit dringend benötigten privaten Investitionen die Wirtschaft anzukurbeln, umgesetzt werden sollen.
Sehr geehrte Herr R.,
Vielen Dank für Ihr Schreiben, auf das ich nachfolgend gerne eingehe.
Für mich ist klar, dass Wirtschaft und Soziales stets zusammengedacht werden müssen. Das heißt konkret, dass wir auf eine starke Wirtschaft angewiesen sind, um uns sozialen Ausgleich leisten zu können. Als Energiepolitiker arbeite ich daran, mit Hilfe sinkender Energiekosten durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland zu verbessern. In diesem Kontext habe ich mich auch stets für einen „Industriestrompreis“ für Unternehmen mit besonders hohen Energieverbräuchen ausgesprochen.
Ich gehe davon aus, dass Sie sich mit Ihrer Frage auf den 10-Punkte-Plan „Eine starke Wirtschaft für alle – Eckpunkte einer sozialdemokratischen Angebotspolitik“, den der Parteivorstand am 16.3.2024 beschlossen hat, beziehen. Hierzu kann ich Ihnen antworten, dass ich den Inhalten des Beschlusses sehr positiv gegenüberstehe, als Mitglied des Parteivorstands habe ich den Beschluss mit beraten und befürwortet. Für immanent wichtig halte ich dabei neben wettbewerbsfähigen Energiekosten vor allem einen Mentalitätswandel in Politik, Verwaltung sowie der Gesellschaft insgesamt, was das Thema Bürokratie betrifft. Wir müssen endlich schneller und einfacher werden, weshalb das Bundeskabinett das Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen hat. Die durch diesen Bürokratieabbau voraussichtlich erzielten Einsparungen liegen bei fast einer Milliarde Euro, es handelt sich entsprechend indirekt um ein Konjunkturpaket „zum Nulltarif“.
Darüber hinaus sind eine moderne Infrastruktur und gezielte staatliche Investitionen in Schlüsseltechnologien sehr wichtige Punkte. Hier wollen wir u.a. mit einem Deutschlandfonds öffentliches und privates Kapital mobilisieren. Für mich ist dabei auch klar, dass die deutsche Schuldenbremse keinesfalls zur Investitionsbremse werden darf. Ich arbeite deshalb aktuell persönlich intensiv an der Frage, wie wir die Schuldenbremse verfassungskonform so reformieren können, dass sie die notwendigen Investitionen in die produktive Kapazität der Wirtschaft ermöglicht. Schulden sind dabei aus meiner Sicht weder per se schlecht noch gut. Sie müssen so eingesetzt werden, dass sie volkswirtschaftlich sinnvoll sind.
Letztlich arbeite ich auch an der Stärkung internationaler Partnerschaften, beispielsweise mit Brasilien, einem weiteren Kernpunkt des Programms. In einer sich verändernden Welt kann Deutschland als exportorientiertes Land nur bestehen, wenn wir unsere Handelsbeziehungen mit aufstrebenden Nationen, wie etwa Brasilien, das ich im letzten Jahr im Rahmen meiner Abgeordnetentätigkeit besucht habe, ausbauen. Auch die Handelspolitik zur Erhöhung deutscher Exporte und somit der Begünstigung neuer privater Investitionen steht deshalb im Fokus der Arbeit der SPD-Bundestagsfraktion und der Bundesregierung insgesamt.
Abschließend will ich nicht unerwähnt lassen, dass die Bundesregierung zu diesem Jahr den Sparerpauschbetrag auf 1.000 Euro angehoben hat.
Sehr geehrter Herr R., ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort meine Sichtweise darlegen.