Wie stehen Sie zu einem diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking?
Sehr geehrter Herr Miersch,
ich wende mich an Sie als Abgeordneten meines Wahlkreises.
Die Bundesregierung unter Führung Ihres Parteigenossens Olaf Scholz nimmt keine klare Position gegenüber autokratischen Staaten ein. Im Rahmen der olympischen Spiele versteckt sich die Regierung seit Wochen hinter "einer gemeinsamen Position der EU" die sicherlich wünschenswert, aber realistisch nicht erzielbar war. Nachdem diese nun erwartungsgemäß nicht gefunden wurde, scheint die Regierung weiterhin nicht gewillt oder in der Lage irgendeine offizielle Position gegenüber China einzunehmen.
Meiner Meinung nach schadet diese Form der Führungslosigkeit Deutschland außenpolitisch immens (und den Regierungsparteien innenpolitsch). Das selbe Problem ist auch bei der Thematik um Russland und die Ukraine zu beobachten (Olaf Scholz bezeichnete Nord Stream 2 in diesem Zusammenhang ernsthaft als unpolitisches, rein privatwirtschaftliches Projekt).
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau W.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich nachfolgend gerne eingehen werde.
Dass kein deutsches Regierungsmitglied die Olympischen Winterspiele besucht, ist ein deutliches Signal und auch Ausdruck einer klaren Position der Bundesregierung. Auch ich verurteile die systematischen und schweren Menschenrechtsverletzungen Chinas auf das Schärfste. Grundsätzlich ist immer wieder die Frage, wie mit entsprechenden Staaten umgegangen wird. Ich halte es für erstrebenswert, dass solch sportliche Großveranstaltungen nicht mehr an Länder vergeben werden, die die Menschenrechte ihrer Bevölkerung missachten. Hierzu wären allerdings auch die großen internationalen Sportverbände in der dringenden Pflicht, die Vergabe an die Einhaltung von Menschenrechtsstandards – und im Übrigen auch an Prinzipien der Nachhaltigkeit – zu knüpfen.
Sehr geehrte Frau W., da Sie in Ihren Ausführungen über Ihre eigentliche Frage weit hinausgehen, erlauben Sie mir, auch darauf kurz einzugehen. Ich bin froh, dass wir mit Olaf Scholz einen deutschen Bundeskanzler haben, für den „das Machen“ eine wichtigere Rolle spielt als „die Show“. Ich halte seine Strategie im Russland-Ukraine-Konflikt daher auch für unterstützenwert und richtig: Einerseits den Preis aufzeigen, den eine militärische Aktion hätte, und andererseits alle Gesprächskanäle offen halten, damit es gar nicht erst dazu kommt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Zeilen meine Sichtweise näher bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Miersch, MdB