Werden Sie sich als Abgeordneter für die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens noch in dieser Legislatur einsetzen? Falls nein, warum nicht?
Es geht darum, die Gerichte mit der Prüfung zu beauftragen.
P.S.: Damit, auf jegliche inhaltliche Fragen auf ihre Funktion als Generalsekretär hin zu verweisen, macht keinen guten Eindruck. Stellen Sie sich der öffentlichen Debatte.

Sehr geehrter Herr T.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Schreiben, in dem Sie sich für ein Verbot der Partei Alternative für Deutschland (AfD) nach Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes einsetzen.
Ich teile die Sorgen und verstehe den Handlungsdruck, den viele Demokratinnen und Demokraten jetzt verspüren. Die Eskalation der letzten Monate hat die Dringlichkeit eines Verbotsverfahrens enorm erhöht.
Für mich und die SPD ist klar: Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, durchdrungen von völkischer Ideologie sowie Gewaltfantasien. Sie ist eine verfassungsfeindliche Gefahr für die Demokratie. Sie missbraucht staatliche Mittel für demokratiezersetzende Propaganda, beschäftigt Rechtsextremisten und verachtet die parlamentarische Arbeit. Nach der vorletzten Woche spitzt sich die Lage zu: Verantwortlich dafür ist das wortbrüchige und geschichtsvergessene Verhalten der CDU unter Friedrich Merz. Er verlässt den demokratischen Grundkonsens und öffnet den Rechtsextremen die Tür.
Gegen solche Verfassungsfeinde wie die AfD stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien verfassungswidrig, wenn sie mit ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger die freiheitlich demokratische Grundordnung in Deutschland gefährden. Für mich und die SPD ist deshalb klar: Wenn es genügend Beweise gibt, die ein Verbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 GG rechtfertigen, dann ist ein Antrag dazu keine Frage des Ob, sondern des Wann.
Ein Parteienverbot ist im Kampf gegen Verfassungsfeinde das letzte Mittel, an dessen Einsatz zu Recht hohe Anforderungen gestellt werden. In der Geschichte der Bundesrepublik wurden bisher zwei Parteien verboten: im Jahr 1952 die Sozialistische Reichspartei und im Jahr 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands. Ein gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschland (NPD) eingeleitetes Verfahren wurde 2003 eingestellt. Das Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens hat uns gelehrt, wie gut dieser Schritt vorbereitet werden muss. Denn da die Verfahren so lange dauern, hat man meist keine unbegrenzte Anzahl an Versuche, ein solches Verfahren zu beantragen. Wenn man das tut, muss es sitzen. Und genau das bereiten wir sorgfältig vor:
Ein Parteiverbotsverfahren setzt nämlich eine umfassende und detaillierte Beweissammlung voraus. Nicht bloß verfassungswidrige Äußerungen, sondern ein planvolles Vorgehen mit Erfolgsaussichten, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, müssen der AfD nachgewiesen werden. Diese Beweise müssen durch die zuständigen Behörden – insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz – erhoben und ausgewertet werden. Dies ist ein langwieriger Prozess, der sehr sauber geführt werden muss. Erkenntnisse des Verfassungsschutzes sind dabei elementar.
Im Moment arbeitet der Verfassungsschutz an einem Gutachten. Dieses Gutachten behandelt die Frage, ob die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft werden kann. Diese Einstufung hätte zur Folge, dass die AfD dann mit breiteren nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden darf. Das wiederum erleichtert die Beweissammlung in Bezug auf das Verbotsverfahren. Daher wollen die SPD und ich die Veröffentlichung des Gutachtens abwarten, um den Verbotsantrag wasserdicht zu machen. Auch wenn es teilweise anders behauptet wird, hält des Bundesinnenministerium hier nichts zurück.
Die SPD hat auch über ihre zehn Innenministerinnen und Innenministern sowie Innensenatorinnen und Innensenatoren im Blick, wann der richtige Zeitpunkt für ein Verbotsverfahren gekommen ist – ein Verfahren, das Erfolg hat und eine nachgewiesen rechtsextreme Partei auf Grundlage von Artikel 21 II GG nachhaltig durch das Bundesverfassungsgericht verbietet.
All das erklärt auch, warum wir am 30. Januar 2025 über den Verbotsantrag im Deutschen Bundestag nicht abgestimmt haben. Die Frage, ob ein Verfahren erfolgsversprechend wäre, ist weiter hochumstritten. Zudem wollten auch die Initiatoren (zumindest überwiegend) nicht, dass dieser Antrag eine Mehrheit findet. Da CDU/CSU und FDP im Vorfeld schon signalisiert haben, diesen nicht zu unterstützen, wäre ein Scheitern sehr wahrscheinlich gewesen. Dies hätte nur der AfD genutzt. Insoweit besteht nun die Möglichkeit, im neu gewählten Bundestag sich sehr schnell erneut mit dieser Frage zu beschäftigen.
Und trotz aller erforderlichen rechtlichen Schritte, die wir unternehmen wollen und an denen wir kontinuierlich arbeiten: Wir müssen uns der Auseinandersetzung mit der AfD vor allem politisch, Tag für Tag, Gespräch für Gespräch stellen. Wir müssen Menschen überzeugen, dass AfD-Rezepte keine Lösungen für die Probleme sind, sondern neue Ungerechtigkeiten schaffen und nur darauf gerichtet sind, unsere Gesellschaft zu spalten und unsere Demokratie zu zerstören.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch