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Matthias Miersch
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Frage von Behning H. •

Frage an Matthias Miersch von Behning H. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Dr. Miersch
heute wurde mit den Stimmen der Union und der SPD das Atomgesetz mal wieder so geändert, dass die Sanierungskosten für die ASSE II auf den Bund bzw. auf den Steuerzahler übertragen werden. Wieso kommen für diese Kosten nicht die Verursacher des Problems, also z. B. die Energiekonzerne auf? Immerhin wurden doch zu diesem Zweck die Steuerfreien Rückstellungen gebildet. Ich bitte Sie mir zu erklären, wenn die Rückstellungen nicht für die folgen der Energieerzeugung durch Kernreaktoren genutzt werden also der Ordnungsgemäßen und unbedenklichen Entsorgung von Atommüll wofür sie (die Rückstellungen) dann genutzt werden.
Des weiteren würde ich gern wissen wer überwacht die Ordnungsgemäßen Einsatz der Rückstellungen ? Könnte es nicht durchaus möglich sein das die Rückstellungen durch irgendwelche Transaktionen wie bei Lehman Brothers verzockt werden?
mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Behning,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Umwelt und Atomgesetz.

Im Atomgesetz ist festgehalten, dass die Abfallverursacher für den Betrieb und auch die Stilllegung herangezogen werden. Da der größte Teil der radioaktiven Abfälle, nach den vorliegenden Informationen, aus Forschungseinrichtungen kommt, muss die öffentliche Hand die Kosten für die Stilllegung tragen. Die Atomgesetznovelle bestätigt nur diese Zuständigkeit, die vorher auch schon gegeben war. Das Gesetz dient lediglich dazu, den Betreiberwechsel für Asse II vom Helmholtz-Zentrum auf das Bundesamt für Strahlenschutz möglich zu machen. Dass Asse II künftig als Endlager behandelt wird, verbessert die Sicherheit und wurde auch von Bürgerinitiativen vor Ort gefordert.

Die radioaktiven Abfälle der Schachtanlage Asse wurden in den 1960er und 1970er Jahren zu Forschungszwecken mit dem Ziel der endgültigen Beseitigung eingelagert. Eine Kostentragung der Stilllegung durch die öffentliche Hand ist daher verursachergerecht. Darüber hinaus wäre über 30 Jahre nach Ablieferung der Abfälle eine nachträgliche Heranziehung von Abfallablieferern zur Gebührenzahlung rechtlich unzulässig. Die von Ihnen angesprochenen steuerfreien Rückstellungen wurden erst in der 4. Novelle des Atomgesetzes 1976 zur Regelung der Finanzierung der Endlager eingebracht. Diese könnten somit auch nicht für die Entsorgung der Abfälle vor 1976 herangezogen werden. Das Atomgesetz besagt, dass die Betreiber von Anlagen zur Erzeugung, Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen, zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe oder zur endgültigen Stilllegung der Anlage die nach Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage zu treffen haben (§ 7 Abs. 2 Ziffer 3 AtG). Hier müssen die Betreiber finanzielle Vorsorge durch die Rückstellungsverpflichtung treffen. Zudem sind die beim Betrieb und bei der Stilllegung anfallenden radioaktiven Reststoffe entweder schadlos zu verwerten (z.B. Aufarbeitung) oder als radioaktive Abfälle (im Endlager) geordnet zu beseitigen (§ 9a Abs. 1 AtG). Die Kontrolle über die Einhaltung dieser Verpflichtung obliegt den atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden der Bundesländer. Ob die Voraussetzung für die Rückstellungsbildung erfüllt ist, haben für die Handelsbilanz die jeweiligen Abschlussprüfer (Wirtschaftsprüfertestat) zu kontrollieren. Für die Steuerbilanz erfolgt diese Kontrolle durch die Finanzverwaltung. Die Betreiber sind jedoch nach Handels- und Steuerrecht berechtigt, die so erwirtschafteten Rückstellungen auch für sich „arbeiten“ zu lassen z.B. in anderen Unternehmen an denen sie Anteile erwerben.

Der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat nun die Atomindustrie aufgefordert, sich freiwillig an den Kosten für die Sanierung der Endlager zu beteiligen. Eine Forderung, die ich nur unterstützen kann, da ja die Forschungsabfälle, die in der Asse II lagern auch zur Erforschung der Atomkraft und somit zu Gunsten der Atomindustrie angefallen sind.

Insgesamt bleibt die Situation aber so unbefriedigend wie vorher. Die Geschehnisse um Asse II zeigen, welche Bürde wir uns mit der Nutzung von Kernenergie aufgeladen haben. Umso unverständlicher ist für mich, wie der Ruf nach weiterer Nutzung von Atomkraft bestehen bleibt. Ich hoffe, dass sich bei der kommenden Bundestagswahl die Kräfte durchsetzen, die auf einen schnellen Umstieg hin zu erneuerbaren Energien setzen. Denn nur die Vermeidung weiteren Atommülls ist die einzig gute Lösung.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch

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