Frage an Matthias Miersch von Jochen S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr. Miersch,
zunächst:
Ich gehöre zu keiner der nachfolgenden Gruppen: Generation Golf, Generation iPod, Generation X, Generation Y, Neue Hedonisten, Konservativ-technokratisches Milieu, Liberal-intellektuelles Milieu, Postmodernes Milieu, Kleinbürgerliches Milieu, Traditionelles Arbeitermilieu, Aufstiegsorientiertes Milieu, Modernes Arbeitnehmermilieu, Modernes bürgerliches Milieu, Traditionsloses Arbeitermilieu oder einer sonstigen soziologischen, demographischen, kulturellen oder ethnischen Gruppierung, die sich mit den Mittel der Marktforschung hinreichend erklären und/oder kategorisieren ließe.
Ich bin 53 Jahre alt, habe in meinem Leben mehrere fundierte und für mich kostenintensive Aus- und Weiterbildungen absolviert und stehe nun als Hartz IV-Empfänger nach 38 Jahren sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung unter Akzeptanz des Solidaritätsprinzips, doch scheinbar nicht mehr benötigt von der Gesellschaft finanziell auf der gleichen Stufe wie ein Sozialhilfeempfänger oder ein junger Mensch, der in seinem Leben noch nicht oder nur sehr wenig gearbeitet hat.
Meine Kritik an der SPD:
Nicht die Spur von Selbstkritik, keine Übernahme von Verantwortung, kein Gedanke an den eigentlich selbstverständlichen Rücktritt, keine Korrektur der politischen Linie, kein Signal an die enttäuschten Wähler (z.B. in NRW) mit der Aussage :"Ja, wir haben zugehört und verstanden". Nein, weiter so mit der Agenda 2010: Für die Partei in die Niederlage und für ihre Verführer in die saturierte 3. Lebensphase.
Meine Frage :
Ist bei einem angenommenen Wahlerfolg der SPD mit einer Korrektur des "Reformkurses" bezüglich einer sozialen Gerechtigkeit für den Jahrgang 50+ zu rechnen oder darf ich darauf hoffen, daß entsprechende Steuergeschenke an die Unternehmen (und nur an diese) es in ca. 20 Jahren ermöglichen werden, die Arbeitslosigkeit um 1 Prozentpunkt zu senken (weil dann alle "satt" sind und Herr Clement sich im Nimmerland befindet)?
Mit freundlichen Grüssen
J. Schepper, 50+
Ps.: Die ´Agenda 2010´ ?...bedeutet im Ergebnis natürlich nicht, dass in 20 Jahren 10 Bürger von den Reformen profitieren werden, sondern beschreibt sloganmässig den Ausverkauf des Solidartätsprinzips unserer Gesellschaft zu Lasten der Schwächsten, nur weil "Florida Rolf" ein bisschen cleverer als der Verteilungsapparat war und es alle eben nicht so machen, aber dafür bestraft werden, dass sie es doch so machen könnten...
Sehr geehrter Herr Schepper,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich denke schon, dass das Wahlmanifest gerade in den Punkten eine Nachbesserung erkennen lässt, die Sie ansprechen. Diese Änderungen werden dazu führen, dass die Leistung gerade älterer Arbeitnehmer stärker gewürdigt wird. Auch ich habe in der eigenen Familie erlebt, was Arbeitslosigkeit nach vielen Jahren der Berufstätigkeit bedeutet und wie schwer es ist, als älterer Mensch eine Chance zu bekommen. Auf der anderen Seite ist es populistisch und unehrlich, wenn suggeriert wird, dass Reformen überflüssig wären. Die Frage der Steuergerechtigkeit ist angesichts der zahlreichen "Rezepte", die von den einzelnen Parteien angeboten werden, aktueller denn je. Ich bin für den Erhalt des Sozialstaates, der nur möglich sein wird, wenn alle an der Finanzierung - je nach ihrer Leistungsfähigkeit - beteiligt werden. Dass dabei alle Regierungen (auch angesichts der internationalen Fragen) auf Schwierigkeiten gestoßen sind, macht mich nicht mutlos, dennoch für diese elementare Frage der Gerechtigkeit einzutreten.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch