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Matthias Miersch
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Frage von Brigitte D. •

Frage an Matthias Miersch von Brigitte D. bezüglich Umwelt

Guten Tag Herr Dr. Miersch,
warum hat die SPD dem deutlich zu hohem Nitratgrenzwert von 200 Milligram pro Liter zugestimmt, obwohl eine Expertenkommission (u.a. Prof. Dr. Taube) eindringlich zu einem Grenzwert von 150 Milligramm pro Liter geraten haben ? Diese überhöhten Werte sind nur in Deutschland und Malta zugelassen. Wird hier der Lobbymacht der Agrar- und Landwirtschaft nachgegeben? (Vornehmlich bevorzugt von CDU/CSU) Wird in der Konsequenz der Verbraucher wieder zur Kasse gebeten? Sicherlich sind diese Werte auch der Massentierhaltung geschuldet. Auch dies ist ein Resultat der schlechten Ertragsverteilung z.B. Schweinemast. Hier wird pro Schwein bis zum Verbraucher ein Ertrag pro Schwein von ca. 650,-- € erwirtschaftet, hiervon erhält der Schweinemäster ledigich ca. 20,-- € pro Mastschwein.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau D.,

vielen Dank für Ihre Frage zu Nitratgrenzwerten, welche ich nachfolgend gerne beantworten werde.

Die von Ihnen genannten Zahlen sind mir nicht geläufig. Die in der EU-Grundwasserrichtlinie (GWRL) für Grundwasser europaweit einheitlich festgelegte Qualitätsnorm von 50 mg Nitrat je Liter wurde in der deutschen Grundwasserverordnung (GrwV) in derselben Höhe (50 mg Nitrat je Liter) verankert. Wenn der Wert im Grundwasser überschritten wird, sind Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge einzuleiten. Außerdem legen sowohl die GRWL als auch die GrwV fest, dass bei festgestellten steigenden Schadstofftrends bereits bei Erreichen von drei Vierteln des Schwellenwertes (also bei 37,5 mg Nitrat pro Liter) Gegenmaßnahmen (also eine Trendumkehr) einzuleiten sind.

Bedauerlicherweise kommt es in Deutschland jedoch zu Überschreitungen des oben genannten Grenzwertes. Laut Bundesumweltamt weisen in Deutschland ca. 18 Prozent der Messstellen des repräsentativen EUA-Grundwassermessnetzes (Messnetz für die Berichterstattung an die Europäische Umweltagentur) Nitratgehalte über dem Schwellenwert von 50 mg je Liter auf. An Messstellen, in deren Einzugsgebiet viele landwirtschaftliche Nutzungen vorkommen (Ackerflächen, Grünland und Sonderkulturen wie z.B. Gemüseanbau), überschreiten ca. 28 Prozent der Messstellen den Schwellenwert. Diese Messstellen werden auch für den alle vier Jahre erscheinenden Nitratbericht der Bundesministerien für Umwelt und für Landwirtschaft zugrunde gelegt. Auch bei der Bewertung des Grundwasserzustands nach EU-Wasserrahmenrichtlinie/GWRL sind 27,1 % der 1200 deutschen Grundwasserkörper wegen der Überschreitung des Schwellenwertes von 50 mg Nitrat je Liter in einem schlechten chemischen Zustand. Dieser Zustand ist selbstverständlich nicht hinzunehmen. Ein Schwerpunkt meiner politischen Arbeit ist eine naturverträgliche Landwirtschaft. Grundwasserschutz ist mir in diesem Zuge schon lange besonders wichtig und ich werde hier auch nicht nachlassen, Druck für eine Verbesserung der Situation zu machen. Derzeit laufen sehr schwierige Diskussionen über die Düngeverordnung. Diese hat ihren Ursprung in genau den besagten schlechten Nitratmesswerte. Der Europäische Gerichtshof hat hierzu dankenswerterweise ein Urteilgefällt, in welchem er festhält, dass Deutschland mit seinen Grundwasserwerten gegen die EU-Nitratrichtlinie verstößt. Es muss nun also zu einer Verschärfung der Düngeverordnung kommen, da die Novelle von 2017 von der EU-Kommission als nicht ausreichend erachtet wird. Sofern Deutschland keine Anpassungen vornimmt, würden andernfalls in der Tat hohe Strafzahlungen drohen. Sehr geehrte Frau D., in diesen Prozess sind die Fraktionen des Deutschen Bundestages allerdings nicht eingebunden, er findet zwischen den beteiligten Ministerien statt. Ich bin mir aber sicher, dass Bundesumweltministerin Schulze alles in ihrer Kraft Stehende tun wird, gegen die CDU/CSU die nötigen Verschärfungen durchsetzen zu können, und auch ich werde mich im Rahmen meiner Möglichkeiten hierfür einsetzen.

Das von Ihnen angesprochene strukturelle Problem für die Umwelt durch die Massenlandwirtschaft haben wir als SPD ebenfalls erkannt. Die Förderung von Agrarbetrieben durch die Europäische Union beruht momentan leider immer noch allein auf der Größe der Betriebe und nicht auf Basis ihres gesellschaftlichen Nutzens. Die neu gewählte SPD-Fraktion im Europäischen Parlament setzt sich dafür ein, zusammen mit der neuen EU-Kommission, hier eine Trendwende für unsere Umwelt erreichen zu können. Weitere Informationen über die umweltpolitischen Ziele der SPD finden sie auch im Beschluss des SPD Präsidiums „Impulse für mehr Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine zukunftsfähige Wirtschaft“ auf meiner Internetseite www.matthias-miersch.de .

Abschließend möchte ich gern noch ein Statement mit Ihnen teilen, da ich am 25. Juli an die Deutsche Presseagentur (dpa) zu dem besagten Thema gegeben habe:
„Das Agieren dieses Bundeslandwirtschaftsministeriums ist ein einziges Trauerspiel, das die Steuerzahler Millionen kosten kann. Jahrelang werden wirkungsvolle Maßnahmen blockiert. Stattdessen werden immer neue Etiketten ohne Substanz erfunden, wie aktuell ein unverbindliches Tierwohllabel. So hilft man weder den Landwirten noch wird man rechtlichen Anforderungen gerecht. Die Kanzlerin wird sich die Frage stellen müssen, wer nun eigentlich für diese Misere haftet."

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch

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