Frage an Matthias Miersch von Irmgard R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Miersch,
ich finde es unpassend, daß im Verfahren gegen Herrn W. viele Aspekte keine Rolle spielten. Meines Erachtens wird
völlig ausgeblendet, daß er schon als Niedersachsens MP über die
Wichtigkeit von Netzwerken sprach. Das sah man in einem ARD-Beitrag z.B. in folgenden zwei ARD-Sendungen:
http://www.youtube.com/watch?v=EsdrrJBH1c8
http://www.youtube.com/watch?v=7UNxu3ebhlk
Warum kümmert sich Ihre Partei nicht lieber um die Verteidigung von Menschen, die
aus purer Not kriminell gehandelt haben?
Kleinkriminelle werden oft hart bestraft, selbst wenn sie aus purer Not gehandelt haben, z.B. um ihren Kindern etwas zu ermöglichen und selbst dann, wenn der Staat ihnen z.B. ledigliche Unterstützung verweigerte. Bei Hartz IV-Beziehern unter 25 Jahren geht das z.B. besonders schnell.
Oder zu Unrecht Inhaftierte, die oft lange auf die Wiedergutmachung des Staats warten mußten und wohl weiterhin warten müßen.
Dagegen ist doch Herr W. wirklich weich gefallen, oder nicht?
Ich kann Sätze über Herrn W. wie z.B. " Er hat alles verloren", nicht mehr hören. Materiell lebt er sehr, sehr priviligiert auf Kosten der kleinen Malocher!
Ich sehe vielmehr eine typische Klassenjustiz, wenn man Menschen die Geldstrafen nicht bezahlen können einsperrt, andere aber mit einem Ehrensold für ihr unehrenhaftes Verhalten belohnt.
Ist es nicht geradezu gnädig, wenn jemand mit einem so hohen "Ehren"sold gerade einmal 20.000 Euro hätte zahlen müßen, um dem Prozess zu entkommen?
Herr W. führte in Niedersachsen eine Regierung an, die m.W. einen Justizminister und einen Innenminister in ihren Reihen hatte, die für ihre harte Haltung bekannt waren, z.B. bei Wiedergutmachungen für Justizopfer.
Warum greift Ihre Partei das m.E. kaum auf? Aus Respekt gegenüber jemanden der sich respektlos verhalten hat?
Mit freundlichen Grüßen
Irmgard Resch
Sehr geehrte Frau Resch,
vielen Dank für Ihre Stellungnahme hier auf abgeordnetenwatch. Ein hohes Gut in unserem Verfassungssystem ist die Unabhängigkeit der Gerichte. Über den Verlauf und den Ausgang des Wulff-Verfahrens entscheiden unabhängige Richter, so dass ich mich als Mitglied der Legislativen auch nicht weiter dazu äußern möchte.
Die Punkte, die nun Gegenstand des Verfahrens sind, sind zuvor von der Staatsanwaltschaft geprüft worden. Ich gehe davon aus, dass auch alle anderen Vorwürfe geprüft worden sind, so dass ich auch insoweit das Verfahren der Staatsanwaltschaft nicht weiter kommentieren kann.
Ich stimme Ihnen voll zu, dass stets darauf geachtet werden muss, dass unsere Gesellschaft nicht mit zweierlei Maß misst. Insoweit ist für mich zum Beispiel auch nicht die geringe Geldsumme, die nun im Wulff-Verfahren eine Rolle spielt, maßgebend. Andere Arbeitnehmer haben sich bei noch viel geringeren Beträgen einer strafrechtlichen Verantwortung unterziehen müssen.
Als Fachanwalt für Strafrecht kenne ich aus jahrelanger Tätigkeit die Hintergründe von Straftaten. Sie sind sehr unterschiedlich. Auch die Verfahrensausgänge sind hoch unterschiedlich, wenngleich ich der festen Überzeugung bin, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtssystem unterhält, das sich weltweit sehen lassen kann.
Entscheidend ist für mich, immer wieder auch die Ursachen im Blick zu haben, die zu Straftaten führen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass unsere Gesellschaft Verlierer produziert.
Insoweit ist im Bereich der Bildungs- und Sozialpolitik noch viel zu tun. Die SPD streitet seit über 150 Jahren für entsprechende Verbesserungen. Ich bin der festen Überzeugung, dass darüber hinaus die Justizpolitik in Niedersachsen durch die rot-grüne Landesregierung deutliche Verbesserungen vorgenommen hat, wenn es zum Beispiel um Prävention geht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Miersch