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Matthias Miersch
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Frage von André G. •

Frage an Matthias Miersch von André G. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Dr. Miersch,

anlässlich der aktuellen Debatte zum neuen Meldegesetz, wollte ich Sie fragen, wie sie zur Gesamtsituation stehen.

Wie kam es, dass überhaupt nur so wenige Abgeordnete anwesend waren, wäre der Bundestag überhaupt beschlussfähig gewesen? Wenn ich ehrlich bin, fallen mir häufiger sehr leere Bänke im Bundestag auf, wenn ich mal einen Livestream öffne oder im Fernsehen reinschalten sollte.

Viel mehr interessiert mich aber, welche der möglichen Lösungsvorschläge Sie favorisieren: Soll es ein "Zustimmungsrecht" geben, sodass jeder Bürger vor der Weitergabe seiner Daten zu z.B. Werbezwecken eindeutig zustimmen muss oder nur ein Widerspruchsrecht?

Ich hoffe, Sie können mir diese Frage beantworten

Mit freundlichen Grüßen
André Geisler

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Geisler,

zunächst möchte ich einige Worte über die Arbeit des Bundestages sagen. Im Gegensatz beispielsweise zu Parlamenten in totalitären Ländern, die in erster Linie zum Beklatschen längst gefasster Beschlüsse da sind, ist der Deutsche Bundestag ein Arbeitsparlament, in dem die Aufgaben sehr arbeitsteilig bewältigt werden. Dies führt dazu, dass ein Großteil der Gesetzgebungsverfahren bis hinein zu den Plenardebatten mit Abstimmung von den jeweiligen Experten geführt werden. In der Regel arbeiten die nicht betroffenen Abgeordneten parallel weiter an ihren Hauptthemen. Ich bin beispielsweise als umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion zumindest bei allen Debatten anwesend, bei denen es um Umweltthemen geht oder bei denen wir Umweltpolitiker in irgendeiner Weise betroffen sind.

Darüber hinaus gibt es die sogenannten Kernzeitdebatten und besonders wichtige (häufig namentliche) Abstimmungen, bei denen alle Abgeordneten anwesend sind oder sein sollten.

Nun zu der konkreten Problematik des Melderechtes:

Wenige Tage vor den abschließenden Beratungen hat die schwarz-gelbe Koalition einen Änderungsantrag zu einem eigentlich notwendigen "Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens" vorgelegt, der dem Datenschutz einen schweren Schlag verpasste.

Im Innenausschuss hat die SPD-Fraktion eindeutig Stellung gegen das Vorhaben bezogen, wurde aber von der Regierungsmehrheit überstimmt. Da die Mehrheitsverhältnisse im Innenausschuss die gleichen sind wie im Plenum, bleibt der SPD nun nur der Weg, das zustimmungspflichtige Gesetz im Bundesrat zu stoppen.

Die Verbindung der spätabendlichen Debatte mit dem zeitgleichen EM-Halbfinalspiel bietet ein etwas verzerrtes Bild der Thematik, das die Medien aber gerne geben. Schließlich kann auch eine größere Präsenz von Abgeordneten nicht verhindern, dass schlechte Gesetze beschlossen werden, wenn die Regierungsmehrheit dafür ist.

Grundsätzlich halte ich aber eine Diskussion über den Parlamentsablauf für sinnvoll. So stellt sich mir die Frage, ob jedes Gesetz im Plenum beraten werden muss und ob nicht die entscheidende Arbeit in den Ausschüssen stärker medial in den Mittelpunkt der öffentlichen Darstellung rücken sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Miersch

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