Frage an Matthias Miersch von Christian D. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Miersch,
genauso wie Sie bin ich der Meinung, dass die Regierung mehr für die Umwelt unternehmen muss. Das kostet allerdings auch auf verschiedene Weise Geld.
Einerseits Geld, um erneuerbare Energien zu fördern. Andererseits hätte der Staat Mindereinnahmen, wenn zugunsten der Umwelt die Atomkraftwerke wie geplant bis Ende 2020 abgeschaltet würden.
Mich würde interessieren, wo sie sparen würden, um den ohnehin schon sehr belasteten Haushalt der Bundesrepublik nicht noch weiter zu belasten?
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Deike
Sehr geehrter Herr Deike,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de. Wirtschaft und Politik haben sich vor zehn Jahren auf einen Atomkonsens geeinigt. Demnach war der Ausstieg aus der Kernenergie beschlossene Sache. Auf Druck der vier großen Energiekonzerne in Deutschland ist dieser Ausstieg nun in Gefahr. Vor dem Hintergrund, dass es noch immer kein Endlager gibt und dass jedes Zögern beim Ausstieg dem Ausbau der erneuerbaren Energien im Wege steht, halte ich diese Entwicklung für sehr bedenklich.
Sie sprechen zurecht die Finanzierungsfrage an. Dabei ist zu bedenken, dass es sich hierbei um ein höchst komplexes Geflecht handelt. Zunächst einmal sind es die Atomkonzerne, die von einer Laufzeitverlängerung profitieren. Die Marktmacht dieser Konzerne würde weiter ausgebaut werden. Dabei sind es dezentrale Strukturen, die für Arbeitsplätze sorgen und so auch zu einer Entlastung der öffentlichen Haushalte führen. Eine Kündigung des Atomkonsenses hat zudem die nicht nachvollziehbare Folge, dass die Konzerne ihre finanziellen Vorteile, die sie aus dieser Vereinbarung ziehen konnten (z. B. steuerfreie Rücklagenbildung) erhalten hätten, ohne nun durch den Ausstieg die Gegenleistung erbringen zu müssen. An dieser Stelle will ich auch nur andeuten, dass die Laufzeitverlängerung schon alleine aufgrund des größeren Atommüllaufkommens gravierende Mehraufwendungen bei der Endlagerung für den Staat mit sich brächte. Am Beispiel der Asse zeigen sich die unvorhersehbaren Risiken. Nach ersten Schätzungen muss eine Summe von mindestens drei Milliarden Euro aufgebracht werden. Das ist doppelt soviel, wie der gesamte Haushalt des Bundesumweltministeriums.
Alleine der bisherige Umstieg auf erneuerbare Energien hat 280 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Gleichzeitig sind selbstverständlich an anderer Stelle Arbeitsplätze verloren gegangen, doch es bleiben mehrere zehntausend Jobs, die es mehr gibt.
Aktuell ist die Diskussion darüber entbrannt, um wie viel Prozent der Energiepreis für den Endverbraucher vor dem Hintergrund der Solarförderungen steigt. Ich habe aber bisher an keiner Stelle eine Diskussion darüber gehört, wie dieser Energiepreis sich grundsätzlich zusammensetzt. Wo wird über die Gewinne der Konzerne geredet oder über die Endlagerkosten?
Die Haushaltssituation des Bundes, aber auch der Länder, Städte und Gemeinden betrachte ich immer von einer anderen Seite. Die Ausgaben, die hier getätigt werden, fließen meist in Wertschöpfungsketten hier bei uns vor Ort. Mehr Beachtung finden muss die Einnahmeseite. Große Vermögen vermehren sich und werden zunehmend in hochrentable Finanzprodukte investiert, die unsere Realwirtschaft unter Druck setzen. Hier muss mit Maßnahmen wie sehr gezielter Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer gegengesteuert werden, denn die Schere zwischen arm und reich öffnet sich auch nach oben. Enormes Einsparpotential sehe ich in einer wirklichen Föderalismusreform, für die ich mich seit Jahren einsetze.
Bei allen Überlegungen und Berechnungen muss aber auch eins für uns alle klar sein: Die Belastbarkeit unser Umwelt ist absolut und somit eigentlich nicht verhandelbar.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Miersch, MdB