Frage an Matthias Miersch von Brigitte D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Ist Ihnen bekannt, welche Arbeitsbedingungen in der Zeitarbeitsbranche bestehen ? Hier wird die Notlage der Arbeitssuchenden brutal ausgenutzt. Denn hier erhält der Arbeitnehmer 30 bis max. 40 % des Arbeitslohnes. Der grosse Teil verbleibt in der Zeitarbeitsfirma. Die Obergrenze der Einkommen für Arbeitnemer ist hier ein Stundenlohn von € 7,51 max. bei 35 Abeitsstunden. Wenn Sie hiervon eine Familie ernähren können, verraten Sie mir dieses Geheimnis. Unverständlich ist dies im Hinblick darauf, daß die Firmen an die Zeitarbeitsfirmen den üblichen Lohn / Gehalt zahlen. Die hierdurch dem Staat entgangenen Sozialbeiträge sowie den Krankenkassen fehlenden Beiträge sind ennorm. Für mich ist dies eine Art moderner Sklaverei. Hinzu kommt, daß Unternehmen bei Übernahme eines Arbeitnehmers von der Zeitarbeitsfirma in vielen Fällen einen Ablösebetrag zahlen muß. Um aber dem ganzen die Krone aufzusetzen, subventioniert die Agentur für Arbeit auch noch dieses "Beschäftigungsmodell", z.B. bei Arbeitnehmer ü. 50 mit 30 % des "Lohnes". Dieser Zuschuss fließt uneingeschrankt ebenfalls an die Zeitarbeitsfirma. Hier komme ich dann auf einen Gewinn der Zeitarbeitsfirma von über 70 %, unfassbar. Für mich stellt es sich so dar, daß diese Zeitarbeit nichts andres bewirkt, als die Umgehung des bestehenden Arbeitsrechtes. Dies wird auf den Rücken der Arbeitssuchenden ausgetragen. Was wollen Sie hier tun ???!!!!!
Mfg.
Sehr geehrte Frau Doering,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Zeitarbeit. Die von Ihnen geschilderten Arbeitsbedingungen sind mir bekannt. Vor einigen Monaten hat deshalb die SPD in Lehrte eine Veranstaltung mit Gewerkschaftern, Zeitarbeitsfirmen und mir durchgeführt. Ich sehe die Zustände genau wie Sie mit großer Besorgnis und werde mich dafür einsetzen, dass dies baldmöglichst ein Ende findet. Leider lässt sich dieses Ende mit unserem derzeitigen Koalitionspartner nur schwer finden. Ich möchte Ihnen das kurz erläutern:
Seit Jahren vertrete ich zusammen mit der SPD den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Persönlich unterstütze ich diese Forderung schon seit langer Zeit, aber auch im aktuellen Regierungsprogramm der SPD lässt sich derartiges an prominenter Stelle finden. In den Jahren der rot-grünen Koalition wurde auch beschlossen, dass Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen am Ende das gleiche Einkommen erzielen müssen, wie ihre gleichgestellten Kollegen im Betrieb. Es wurde allerdings durchgesetzt, dass diese Regelung durch einen Tarifvertrag im Zeitarbeitsunternehmen außer Kraft gesetzt wird. Letztendlich wurden in vielen Firmen nach meiner Meinung „Scheinvertretungen“ gebildet bzw. mit Pseudogewerkschaften operiert, die Abschlüsse weiter unterhalb des avisierten Lohns aushandelten. Damit wurden die Bestimmungen im Kern umgangen.
Gedanke des Gesetzes war, Auftragsspitzen bei Unternehmen mit dem Mittel der Zeitarbeit abzufangen. Gleichzeitig hat man auf die Stärke der Tarifpartner vertraut. Wir sehen nun, dass - wie beim Mindestlohn - feste gesetzliche Grenzen geschaffen werden müssen, die nicht unterlaufen werden können.
Wir brauchen daher zwei konkrete Gegenmaßnahmen:
Erstens muss ein flächendeckender Mindestlohn für die Leiharbeit, und was das betrifft für alle Formen der Arbeit, eingeführt werden. Im Bereich der Billiglöhne von Zeitarbeitsfirmen ist das aber, wie Sie zu Recht erwähnen, besonders dringend. Leider hat die Union hier in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht und einen untragbaren Kompromissvorschlag angeboten, der von unserer Seite abgelehnt wurde. Hier muss nachgebessert werden und die Entscheidung darüber liegt beim Wähler! Eine starke SPD wird den gesetzlichen Mindestlohn durchsetzen können und müssen. Deshalb werde ich dafür eintreten, dass wir uns nur an einer Regierung beteiligen, die den gesetzlichen Mindestlohn regelt.
Zweitens tritt die SPD dafür ein, dass Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen nach einer gewissen Zeit im Betrieb den gleichen Lohn beziehen, wie ihre Kollegen in Festanstellung bei gleicher Arbeit. So kann verhindert werden, dass Zeitarbeitsfirmen als Instrument des Lohndumpings benutzt werden um teurere eigene Kräfte zu sparen. Es darf in diesem Zusammenhang keinerlei Ausnahmen geben. Auch wird darauf geachtet werden müssen, dass keine „Kettenverträge“ geschlossen werden.
Die Subvention von Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt durch gezielte Förderung einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt halte ich nach wie vor für ein wichtiges Element zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und vor allem dafür, älteren Menschen eine Perspektive auf ein geregeltes Arbeitsleben zu bieten. Sicherlich darf deren Umsetzung nicht so missbraucht werden, wie von Ihnen beschrieben. Ich hoffe, dass wir mit der SPD in nächster Zeit dazu in der Lage sein werden, die offensichtlichen Missstände bei der Umsetzung des Prinzips „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ zu beheben. Ich bitte Sie, mich weiterhin dabei zu unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch